"Werfe meinen Hut in den Ring" Ratzmann macht's
14.06.2008, 10:51 UhrDer Berliner Grünen-Politiker Volker Ratzmann kandidiert für den Bundesvorsitz seiner Partei. Er erklärte diesen Schritt in einem Brief an den Bundesvorstand der Partei. "Ich werfe meinen Hut in den Ring", schrieb Ratzmann nach einem Bericht des "Spiegel". Ratzmann ist Grünen-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus.
Neben Ratzmann bewirbt sich auch der Europa-Abgeordnete Cem Özdemir um die Nachfolge von Grünen-Chef Reinhard Bütikofer. Unüberbrückbare Gegensätze verkörpern die beiden nicht: Özdemir gehört seit jeher dem Realo-Flügel an, der Rechtsanwalt Ratzmann bezeichnet sich selbst als "Radikalpragmatisch".
Der "anatolische Schwabe"
Der 42-jährige Özdemir galt lange Zeit als vielversprechender Jung-Star der Grünen, bis er im Jahr 2002 über seine Verstrickung in die Affäre um den PR-Manager Moritz Hunzinger und einen Fehltritt mit privat genutzten Bonus-Meilen stolperte. Bis dahin hatte er eine steile Karriere bei den Grünen hingelegt: Er wurde 1994 mit gerade mal 28 Jahren der erste türkisch-stämmige Bundestagsabgeordnete und agierte öffentlichkeitswirksam als Innenexperte seiner Partei. Doch auch seine Verdienste etwa um die Zuwanderungspolitik konnten sein Abgeordnetenmandat nicht retten. Zur Bundestagswahl 2002 trat der 1965 in Baden-Württemberg geborene Özdemir, der sich mit seinen zahlreichen Talkshow-Auftritten nicht nur Freunde bei den Grünen machte, nicht wieder an.
Doch schon bald erwies sich der mediengewandte Özdemir als politisches Stehaufmännchen: Der "anatolische Schwabe", wie sich Ozdemir selbst genannt hat, zog für die Grünen ins Straßburger Europaparlament ein - wo das Verhältnis der EU zur Türkei zu seinen Schwerpunktthemen gehört. Und er meldet sich wieder gerne zu Wort - wobei er eine Demokratisierung der Türkei ebenso anmahnt wie er das Land in Schutz nimmt, wo er dies für angebracht hält. So hat er anfangs den Umgang der türkischen Justiz im Fall des deutschen Jugendlichen Marco W. verteidigt, um später dessen lange Inhaftierung anzuprangern. Doch in der Europa-Politik will Özdemir nicht bleiben: Inzwischen hat er sein Interesse auf eine erneute Bundestagskandidatur angemeldet.
"Radikalpragmatiker" kann mit allen
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gehören auch zu den Domänen von Volker Ratzmann. Der Berliner Anwalt betreibt in der Hauptstadt eine Kanzlei gemeinsam mit Bundestagsfraktionschefin Renate Künast - die sich denn auch klar für Ratzmann als Parteichef ausgesprochen hat. Zwar kommt Ratzmann eher vom linken Parteiflügel, doch zeigt er sich in der Berliner Landespolitik als Pragmatiker, der zur Kooperation mit allen Seiten bereit ist. So iniitierten die Landes-Grünen in der Hauptstadt im März gemeinsam mit CDU und FDP die "Berlin-Konferenz", bei der diese "Jamaika-Opposition" mit dem rot-roten Senat abrechnete. Doch der eher zurückhaltend auftretende Ratzmann scheut sich auch nicht, mit SPD und Linken an einem Strang zu ziehen, wenn es um die Schließung des Flughafens Tempelhof geht.
Der 48-jährige Jurist, der am 23. März 1960 in Helmstedt geboren wurde, sträubt sich denn auch gegen die Zuordnung zu einer Strömung. Vielmehr wolle er das "aufbrechen, was sich bisher in Flügeln strukturiert hat", kündigt der Landespolitiker an, der seit 2001 dem Abgeordnetenhaus angehört. Seit fünf Jahren steht er an der Spitze der Fraktion, und das hat den Hauptstadt-Grünen keineswegs geschadet: Bei der Abgeordnetenhauswahl 2006 verbesserten sich die Grünen um vier Punkte und landeten bei 13,1 Prozent.
Quelle: ntv.de