Rechte von Opfern stärken Reaktion auf Kirchenbeschlüsse
26.02.2010, 08:56 UhrVor dem Hintergrund der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche wird jetzt darüber diskutiert, wie die Rechte von Opfern sexueller Übergriffe gestärkt werden können. Die FDP will die Verjährungsfristen deutlich verlängert sehen. Die Missbrauchsbeauftragte des Jesuiten-Ordens, Raue, sieht das skeptisch.

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Die Sonderbeauftragte des Jesuiten-Ordens zum Missbrauchsskandal in kirchlichen Einrichtungen, Ursula Raue, hat verhalten auf die Beschlüsse der katholischen Deutschen Bischofskonferenz zu den Vorfällen reagiert. Der Beschluss der Bischöfe, einen eigenen Missbrauchsbeauftragten zu ernennen sei "ein guter Anfang", sagte Raue im ZDF. Sie kritisierte aber, dass dafür mit dem Trierer Bischof Stephan Ackermann ein Mitglied der Kirchen-Hierarchie ausgewählt wurde. "Eigentlich braucht man jemanden, der außerhalb des Systems steht", sagte Raue.
Zurückhaltend äußerte sie sich auch zur Wortwahl des Vorsitzenden der Bischofskonferenz, des Freiburger Erzbischofs Robert Zollitsch. "Wir wollen eine ehrliche Aufklärung", hatte Zollitsch zum Abschluss der Vollversammlung der Bischöfe gesagt. "Mir hätte besser gefallen: 'Wir klären auf'. Das ist einfach mehr als eine Absichtserklärung, sagte Raue dazu.
Verjährung bei Sexualdelikten
Zur Diskussion um die Verjährungsfristen bei Missbrauchsfällen sagte Raue, sie halte eine Verlängerung für nicht praktikabel, da nach vielen Jahren der genaue Tathergang oft nicht mehr rekonstruierbar sei. Sie schlug vor, bei der Aufarbeitung der Vorfälle über neue Wege nachzudenken. "Möglicherweise ist der Strafprozess nicht mehr ganz das richtige Mittel", sagte sie dem ZDF.
Die FDP-Bundestagsfraktion hatte zuvor angekündigt, die Rechte von Opfern sexueller Übergriffe deutlich stärken zu wollen. Der FDP-Rechts- und Innenexperte Hartfrid Wolff sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Die Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen müssen deutlich verlängert werden." Nur so lasse sich eine lückenlose Verfolgung der Täter sicherstellen. Gerade die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche zeigten, dass Übergriffe zum Teil erst nach Jahrzehnten aufgedeckt werden. Es dürfe aber nicht sein, dass Täter wegen zu kurzer Verjährungsfristen davonkämen.
Wolff dringt zudem auf schärfere Strafen. Es sei für ihn unerträglich, dass sexueller Missbrauch von Kindern und Schutzbefohlenen kein Verbrechen im juristischen Sinne ist. Kindesmissbrauch gilt immer noch als Vergehen. Die Mindeststrafe für derartige Fälle müsse generell auf ein Jahr heraufgesetzt werden. Die strafrechtliche Verjährungsfrist in Fällen sexuellen Kindesmissbrauchs liegt derzeit bei zehn Jahren. Für besonders schwere Fälle gilt eine Frist von 20 Jahren.
Der sexuelle Missbrauch von minderjährigen Schutzbefohlenen verjährt innerhalb von fünf Jahren. Die Fristen beginnen in allen Fällen erst mit der Volljährigkeit des Opfers.
Quelle: ntv.de, dpa