Beauftragter für Missbrauchsfälle Katholiken reagieren
25.02.2010, 16:53 UhrDie aktuellen Missbrauchsfälle an katholischen Schulen in ganz Deutschland zwingen die Kirche zum Handeln. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann soll künftig als Sonderbeauftragter alle Fragen zum sexuellen Missbrauch Minderjähriger koordinieren.
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann ist als Reaktion auf den jüngsten Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche zum Sonderbeauftragten ernannt worden. Die Deutsche Bischofskonferenz entschied zum Abschluss ihrer Vollversammlung in Freiburg, Ackermann solle künftig alle Fragen zum sexuellen Missbrauch Minderjähriger koordinieren. Auch die Prävention soll verbessert werden.
Am Sitz der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn soll demnach ein zentrales Büro eingerichtet werden, das die Zusammenarbeit zwischen den Bistümern und den Orden im Zusammenhang mit allen Fragen des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen ausbauen und die staatlichen Behörden unterstützen soll. Zudem wird eine bundesweite Telefon-Hotline für Missbrauchsfälle gestartet.
Noch eine Entschuldigung
In ihrer gemeinsamen Erklärung baten die Bischöfe erneut um Entschuldigung für das erlittene Unrecht. "Beschämt und schockiert bitten wir alle um Entschuldigung und Vergebung, die Opfer dieser abscheulichen Taten geworden sind", heißt es in dem Papier. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, sicherte erneut eine "lückenlose Aufklärung" zu.
Um Missbrauchsfällen unter dem Dach der Kirche künftig entgegen zu wirken, soll die Präventionsarbeit verbessert werden. Die Bischöfe forderten die Gemeinden und besonders die Verantwortlichen in den Schulen und der Jugendarbeit auf, "eine Kultur des aufmerksamen Hinschauens zu pflegen". Zudem sollen die 2002 erstellten Leitlinien zum Vorgehen bei Missbrauchsfällen überarbeitet werden. Darüber hinaus will die Bischofskonferenz Gespräche mit bestehenden Initiativen und staatlichen Einrichtungen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen führen, um von deren Erfahrungen bei der Prävention und Aufklärungsarbeit zu profitieren.
Ermittlungen im Kloster Ettal

Der Fall im Kloster Ettal soll sich 2005 ereignet haben.
(Foto: dpa)
Der Missbrauchsskandal hatte Ende Januar seinen Ausgang am Berliner Canisius-Kolleg genommen. Seitdem meldeten sich weit mehr als hundert Opfer aus katholischen Schulen und Einrichtungen im gesamten Bundesgebiet. Im Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen am Kloster Ettal in Bayern ermittelt die Staatsanwaltschaft München II inzwischen gegen einen Klosterangehörigen. Gegen ihn bestehe der Verdacht, sich an Kindern vergangen zu haben, teilte die leitende Oberstaatsanwältin Andrea Titz mit. Laut Staatsanwaltschaft sind die Taten nicht verjährt. Die Verjährungsfrist bei sexuellem Missbrauch von Kindern beträgt je nach Schwere der Tat zwischen zehn und zwanzig Jahren ab Volljährigkeit des Opfers.
Die Erzdiözese München und Freising erwartet von der Benediktinerabtei Ettal nun eine "unnachgiebige Aufklärung und Aufarbeitung der Vorwürfe und möglicher Verbrechen", wie der Generalvikar des Erzbischofs von München und Freising, Prälat Peter Beer, erklärte. "Ein Verschleiern, Vertuschen und auf die lange Bank schieben wäre nicht hinnehmbar."
Bereits am Mittwoch war der Abt des Klosters, Barnabas Bögle, zurückgetreten, weil er 2005 einen Missbrauchsverdacht gegen einen Mönch nicht gemeldet und damit gegen kircheninterne Richtlinien verstoßen hatte. Die Richtlinien von 2002 sehen eine Meldepflicht für die Prüfung von Vorwürfen sexuellen Missbrauchs vor. Nach Angaben des Abts hatte ein Mitbruder eingeräumt, Internatsschüler gestreichelt und auf seinen Schoß gesetzt zu haben. Die Staatsanwaltschaft ließ offen, ob sie konkret in diesem Fall ermittelt.
Wellen bis in die Politik
Unterdessen belastet der Streit zwischen katholischer Kirche und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) die Koalition in Berlin. Unionspolitiker attackierten die Ministerin, die wegen der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle heftige Kritik an der katholischen Kirche geübt hatte.
Die FDP-Politikerin gehe eindeutig zu weit, wenn sie den falschen Eindruck erwecke, die katholische Kirche würde eine Aufklärung der Missbrauchsfälle behindern, sagte der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Donnerstag. Der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl hielt der Ministerin in derselben Zeitung vor, "die katholische Kirche in der Öffentlichkeit pauschal auf die Anklagebank gesetzt" zu haben. Damit sei sie weit über das Ziel hinaus geschossen.
Leutheusser-Schnarrenberger hatte sich am Mittwoch zu einem Gespräch mit der Kirche bereit erklärt. Sie hatte zuvor geäußert, sie erwarte, dass die Verantwortlichen der Kirche "endlich konstruktiv mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten." Zollitsch sagte in Freiburg, die Ministerin habe mit ihren Behauptungen die Rechtstreue der katholischen Kirche in Zweifel gezogen. Er gehe aber von einem "baldigen Gespräch" aus.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP