Geheimverhandlungen auf Ferieninsel Regime spricht mit Rebellen
15.08.2011, 16:51 Uhr
Rebellen an einer Straßenkreuzung nahe Sawija. Rechts geht es nach Tripolis, geradeaus nach Sawija, links nach Subrata.
(Foto: REUTERS)
In Libyen machen Gerüchte die Runde, Machthaber Gaddafi könne sich ins Ausland absetzen. Gleichzeitig verhandeln seine Minister in Tunesien mit Rebellen. Während die Aufständischen in Richtung Tripolis vorrücken, verbreitet der Revolutionsführer im Staatsfernsehen Durchhalteparolen - per Telefon.
Vertreter der libyschen Rebellen haben sich zu Geheimgesprächen mit Angehörigen der Regierung von Machthaber Muammar al-Gaddafi getroffen. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf tunesische Sicherheitskreise. Das Treffen habe unter strengen Sicherheitsvorkehrungen in einem Hotel auf der tunesischen Ferieninsel Djerba stattgefunden.
Am Sonntag hätten bewachte Autokolonnen den nahe der Insel gelegenen Grenzposten Ras Dschedir zwischen Libyen und Tunesien passiert. An den Gesprächen seien mehrere libysche Minister und Sicherheitsvertreter beteiligt gewesen.
Die tunesische Nachrichtenagentur TAP berichtete, die libyschen Minister für Gesundheit und Soziales, Ahmed Hidschasi und Ibrahim Scherif, sowie Libyens Außenminister Abdelati al-Obeidi hätten sich am Sonntag auf Djerba aufgehalten. Es seien "Verhandlungen mit mehreren ausländischen Parteien" im Gange.
Auf dem Flughafen von Djerba standen ein südafrikanisches Flugzeug und zwei Militärhubschrauber des Emirats Katar, wie es aus Flughafenkreisen hieß. Der südafrikanische Präsident Jacob Zuma hat bereits mehrfach erfolglos versucht, im Libyen-Konflikt zu vermitteln.
"Kriegspropaganda"

In einem Krankenhaus in Sawija zeigt ein Arzt eine Kugel, die einer Zivilistin herausoperiert wurde. Pro-Gaddafi-Scharfschützen sollen die Bewohner der Stadt terrorisieren.
(Foto: REUTERS)
Das libysche Regime dementierte, dass ein solches Treffen stattgefunden habe. Ein Sprecher der libyschen Regierung sprach von Kriegspropaganda, mit der die gegnerische Seite die Moral der Truppe schwächen wolle. Er bekräftigte, dass Gaddafi nicht das Land verlassen werde.
Von Gaddafi kommen derweil Signale der Härte - per Telefon. "Voran, greift zu den Waffen, zieht in den Kampf zur Befreiung Libyens aus den Händen der Verräter und der NATO, Zentimeter um Zentimeter", sagte Gaddafi in einer Rede, die offenbar über das Telefon gehalten wurde und die das staatliche Fernsehen am frühen Montagmorgen übertrug. Die Qualität der Übertragung war schlecht, gelegentlich war der Ton unterbrochen. "Macht Euch bereit zum Kampf! Das Blut der Märtyrer ist der Treibstoff für das Schlachtfeld."
Rebellen rücken Richtung Tripolis vor
In einer ihrer größten Offensiven seit Beginn der Kämpfe vor einem halben Jahr haben die Aufständischen nach eigenen Angaben zuletzt wichtige Küstenstädte erobert und damit ihren Druck auf die nahe gelegene Hauptstadt Tripolis erhöht. Demnach handelt es sich um Surman rund 70 Kilometer westlich von Tripolis und Garjan 80 Kilometer südlich der Hauptstadt. Surman sei am Sonntag komplett eingenommen worden, sagte ein Sprecher der Aufständischen am Telefon der Nachrichtenagentur Reuters. "Es gibt derzeit keine Kämpfe dort." Zuvor seien bei Gefechten zehn Rebellen getötet und 34 verletzt worden.
Die Stadt Garjan werde zu 70 Prozent von Aufständischen kontrolliert, sagte ein weiterer Rebellenkämpfer. "Es finden derzeit immer noch Kämpfe statt", ergänzte er. Beide Darstellungen lassen derzeit nicht bestätigen.
Garjan liegt an einer wichtigen Verbindungsstraße, die nach Norden in die Hauptstadt führt. Sollten die Rebellen Garjan vollständig einnehmen, könnten sie Tripolis einkreisen. Zuvor hatten die Aufständischen nach eigener Auskunft das Zentrum der strategisch wichtigen Stadt Sawija eingenommen, die rund 50 Kilometer westlich von Tripolis liegt. Damit kontrollieren sie nun einen Küstenstreifen westlich und östlich der Hauptstadt. Im Norden liegt das Mittelmeer, das durch eine Nato-Blockade abgeriegelt ist, im Süden ist Wüste.
Gaddafis Innenminister macht Urlaub
Aus ägyptischen Sicherheitskreisen verlautete unterdessen, dass der libysche Innenminister Nasser al-Mabruk Abdullah mit seiner Familie in Kairo eingetroffen sei. Der Innenminister habe bei seiner Einreise am Flughafen erklärt, er wolle in Ägypten Urlaub machen. Mehrere Medien hatten zuvor berichtet, der Innenminister habe sich von Gaddafi losgesagt und sei dabei, sich ins Ausland abzusetzen.
Quelle: ntv.de, hvo/AFP/rts