Anschlag auf Erdgas-Anlage Regimegegner in Kairo harren aus
05.02.2011, 07:30 Uhr
Demonstranten protestieren am Morgen auf dem Tahrir-Platz in Kairo.
(Foto: dpa)
Auch am 12. Tag gehen die Proteste in Ägypten gegen Staatspräsident Mubarak weiter. Tausende Menschen strömen wieder zum zentralen Tahrir-Platz in Kairo. Unbekannte verüben indes einen Anschlag auf eine Gaspipeline. US-Präsident Obama fordert Mubarak auf, auf die Demonstranten zu hören.
Nach dem Ablauf eines Ultimatums der ägyptischen Opposition für einen Rücktritt von Präsident Husni Mubarak ist der Protestwille der Regierungsgegner weiterhin ungebrochen. Auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo harrten auch in der Nacht tausende Menschen aus und demonstrierten auch am 12. Tag in Folge weiterhin gegen ihre Führung.

Ein Feuer nach dem Anschlag auf die Erdgas-Anlage.
(Foto: AP)
Ägyptens Opposition hatte von Mubarak gefordert, bis Freitag zurückzutreten, dieser ließ das Ultimatum jedoch verstreichen. Trotz der Ausgangssperre, die allerdings gelockert wurde und nur noch von 19.00 Uhr bis 6.00 Uhr morgens Ortszeit galt, waren mehr als 10.000 Menschen auf dem Tahrir-Platz. Zwischenzeitlich waren in der Nacht minutenlang Schüsse zu hören und die Menschen auf dem Platz gerieten kurzzeitig in Panik.
Unbekannte verübten indes einen Anschlag auf eine Erdgas-Anlage, rund zehn Kilometer vom Gazastreifen entfernt. Der Angriff habe sich gegen eine Anlage in Scheich Suwajed auf der Sinai-Halbinsel gerichtet, sagte ein ägyptischer Verantwortlicher. Es explodierte ein Rohr, durch das im Sinai gefördertes Gas von Ägypten nach Jordanien geleitet wird. Zunächst wurde vermutet, dass das parallel dazu verlaufende Gasrohr nach Aschkelon in Israel betroffen war. Die ägyptische Gasbehörde stoppte als Vorsichtsmaßnahme auch den Gasfluss nach Israel. In Ägypten hieß es, dass "Elemente von außerhalb Ägyptens" den Anschlag verübt hätten.
Journalisten festgenommen
Der Kairoer Bürochef des arabischen Fernsehsenders Al Dschasira wurde unterdessen nach Angaben seines Arbeitgebers festgenommen. Ägyptische Sicherheitskräfte hätten Abdel Fattah Fajed sowie den Al-Dschasira-Journalisten Ahmed Jussef in Gewahrsam genommen, berichtete der in Katar ansässige Sender. Am Freitag hatte Al Dschasira mitgeteilt, sein Büro in Kairo sei von Unbekannten angegriffen worden, die die Ausrüstung zerstört hätten.
Insgesamt neun Al-Dschasira-Journalisten wurden in den vergangenen Tagen in Ägypten vorübergehend festgenommen, allen Mitarbeitern des Senders in Ägypten wurden ihre Akkreditierungen entzogen. In den vergangenen Tagen erlitten auch viele andere ausländische Medienvertreter zunehmende Gewalt und Repressionen.
Obama appelliert an Mubarak
US-Präsident Barack Obama sagte in Washington, Mubarak müsse "darauf hören, was das ägyptische Volk sagt" und eine Entscheidung treffen, welchen Pfad er einschlagen wolle. "Die wichtigste Frage, die er sich stellen sollte ist, 'Wie kann ich ein Erbe hinterlassen, mit dem Ägypten diese Übergangsphase übersteht?'", fügte Obama hinzu. "Ich hoffe, er trifft die richtige Entscheidung."
"Ich glaube, dass sich Präsident Mubarak um sein Land kümmert. Er ist stolz, aber er ist auch ein Patriot", sagte Obama über den ägyptischen Präsidenten weiter, der sich seit Wochen Protesten der Opposition im Land gegenüber sieht. Eine direkte Rücktrittsforderung formulierte Obama nicht, er äußerte jedoch die Einschätzung, Ägyptens Staatschef habe verstanden, dass seine Macht allmählich zurückgehe. Obama verurteilte zudem die Gewalt gegen Demonstranten in Ägypten als "inakzeptabel". Sie sei keine Antwort auf die Krise.
Finanzminister entschuldigt sich
Ägyptens neuer Finanzminister Samir Radwan entschuldigte sich unterdessen für die Übergriffe auf Demonstranten seitens der ägyptischen Sicherheitskräfte. Er wolle sich "bei jedem Journalisten, jedem Ausländer und jedem Ägypter entschuldigen", der so "grob behandelt" worden sei, sagte er dem Sender CNN. Am Mittwoch sei die Lage in Kairo dann "unglücklicherweise eskaliert", fügte Radwan in dem Interview mit CNN hinzu.
Am Mittwoch hatten sich auch Anhänger Mubaraks auf dem Tahrir-Platz eingefunden und sich teils schwere Kämpfe mit den Regierungsgegnern geliefert. Dabei waren mehrere Menschen getötet und hunderte weitere verletzt worden. Ein ägyptischer Journalist, der in der vergangenen Woche durch Schüsse getroffen worden war, starb Medienberichten zufolge am Freitag an seinen schweren Verletzungen. Laut des US-Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) ist der 36-jährige Mann der erste Journalist, der seit Beginn der schweren Unruhen getötet wurde.
Proteste gegen Mubarak weltweit
Die Massenproteste am Freitag standen unter dem Motto . Auf dem New Yorker Times Square protestierten am Freitagabend ebenfalls hunderte Menschen gegen Mubarak. Auch in Argentinien, Brasilien, Australien und Deutschland solidarisierten sich die Menschen mit den Ägyptern.
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte der "Rheinischen Post", die arabischen Völker eine derzeit "der Wunsch nach mehr Freiheit und Mitsprache". Statt eines Kampfes der Kulturen könne es in den kommenden Jahren zu einer "Globalisierung der Aufklärung" kommen.
Quelle: ntv.de, usa/ghö/AFP/dpa