Politik

Herber Rückschlag für Obama Republikaner gewinnen wieder

Die Demokraten haben ihre strategische Mehrheit im US-Senat verloren: Die oppositionellen Republikaner gewinnen die wichtige Nachwahl in Massachusetts und erobern so eine Sperrminorität in der kleineren Kongresskammer. Damit geraten ein Jahr nach Obamas Amtsübernahme wichtige Gesetzesvorhaben in Gefahr.

Senator Scott Brown beschert den Demokraten eine herbe Niederlage.

Senator Scott Brown beschert den Demokraten eine herbe Niederlage.

(Foto: REUTERS)

Die oppositionellen Republikaner haben die wichtige Senats-Nachwahl im US-Bundesstaat Massachusetts gewonnen und damit Präsident Barack Obama eine empfindliche Niederlage verpasst. Der republikanische Kandidat Scott Brown wird durch die heiß umkämpfte Entscheidung Nachfolger des verstorbenen demokratischen Senators Edward Kennedy. Die Republikaner haben damit eine Sperrminorität im Senat erobert, so dass sie von nun an wichtige Projekte wie die Gesundheitsreform oder den Klimaschutz verzögern und für Obama schmerzliche Kompromisse erzwingen können.

Nach Auszählung fast aller Stimmen erhielt Brown 52 Prozent und die demokratische Kandidatin Martha Coakley 47 Prozent. Ein Sieg der Republikaner bei der Nachwahl schien noch vor Wochen undenkbar - doch die schwächelnde Wirtschaft und Zweifel an der Gesundheitsreform haben viele Wähler offenbar dazu bewogen, ihre langjährigen politischen Loyalitäten zu überdenken.

Lange Gesichter bei den Demokraten.

Lange Gesichter bei den Demokraten.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Bislang konnten die Demokraten dank ihrer strategischen Mehrheit von 60 zu 40 Stimmen auch gegen den Widerstand der Opposition Filibuster (Dauerreden) der Minderheit zur Blockade oder Verzögerung von Gesetzesvorhaben im 100-köpfigen Senat beenden und Abstimmungen erzwingen. Bisher verfügten die Demokraten über 58 Mandate, erreichten die sogenannte Super-Mehrheit aber mit Hilfe von zwei Unabhängigen, die eine Fraktionsgemeinschaft mit ihnen bilden und in der Regel mit ihnen stimmen.

So konnte kurz vor Weihnachten eine Republikaner-Blockade der Senatsabstimmung über Obamas Gesundheitsreform durchbrochen werden. Der dann verabschiedete Entwurf unterscheidet sich aber deutlich von einer Vorlage, die das Abgeordnetenhaus gebilligt hat. Seit Anfang des Jahres wurde daher im Vermittlungsausschuss an einem Kompromiss gearbeitet, über den dann beide Kongresskammern erneut abstimmen müssten.

Die Demokraten überlegen nun, wie sie die Gesundheitsreform in ihren Kernpunkten noch retten können, ohne ein neues Votum im Senat zu riskieren. Eine Möglichkeit wäre, dass das Abgeordnetenhaus neu abstimmt, diesmal über die Senatsvorlage. Gibt die Kammer grünes Licht, könnte Obama das Gesetz unterzeichnen. In den USA müssen stets beide Häuser des Kongresses zustimmen, bevor ein Gesetz in Kraft treten kann.

Obama und Coakley gratulieren dem Sieger

Martha Coakley hat es versiebt.

Martha Coakley hat es versiebt.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

In einer ersten Reaktion gratulierte Obama dem Gewinner und forderte ihn dazu auf, an der Lösung dringender wirtschaftlicher Probleme mitzuarbeiten. Davon ist kaum auszugehen: Brown griff in seiner Siegesrede die von Obama angestrebte Gesundheitsreform scharf an. Sie werde zu Steuererhöhungen führen, Arbeitsplätze vernichten und die Staatsverschuldung erhöhen, sagte Brown.

Martha Coakley räumte ihre Niederlage ein, kündigte eine "schonungslose" Untersuchung der Ursachen für ihr Scheitern an und gratulierte dem Sieger. Obama war noch am Sonntag nach Massachusetts gereist, um die derzeitige Generalstaatsanwältin zu unterstützen und damit ein drohendes Debakel abzuwenden.

Wall Street setzt auf Scheitern

Nach dem überraschenden Wahlausgang ist das Schicksal der Gesundheitsreform tatsächlich völlig ungewiss. Dies zeigten bereits die Kursverläufe an der Wall Street, wo Anleger schon vor dem Schließen der Wahllokale auf einen Sieg Browns und damit auf ein Scheitern der Gesundheitsreform spekuliert hatten. Die Folge waren starke Kursgewinne von Krankenversicherungs-Aktien und Pharmawerten.

Das politische Urgestein Edward Kennedy - jüngster Bruder des 1963 ermordeten Präsidenten John F. Kennedy - hatte den Senatssitz fast 47 Jahre lang für die Demokraten gehalten, bevor er im August 77-jährig an den Folgen eines Hirntumors starb. Einen Republikaner hatten die Bürger des traditionell liberalen Bundesstaats in Neuengland zuletzt 1972 in den Senat nach Washington geschickt. Die demokratische Kandidatin Coakley wurde vielfach als glanzlos kritisiert und nahm sich zudem mitten im Wahlkampf zu Weihnachten eine Woche Urlaub.

Obama verliert an Popularität

Die Entwicklung in Massachusetts spiegelt den schweren Popularitätsverlust Obamas wider. Bei der Vereidigung vor einem Jahr standen laut Umfragen bis zu 70 Prozent der Amerikaner hinter Obama - heute würden ihn nicht einmal mehr die Hälfte der Bürger wiederwählen. Nun müssen Obama und die Demokraten fürchten, dass die Schlappe in Massachusetts eine verheerende Sogwirkung für die Kongresswahlen im November haben wird. Dann stehen das gesamte Repräsentantenhaus sowie ein Drittel der Senatssitze zur Wahl. Schon vor der Nachwahl in Massachusetts hatten sich die Demokraten auf schmerzliche Verluste eingerichtet.

Quelle: ntv.de, rts/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen