Politik

EnBW scheitert in Stuttgart Richter bestätigen Atomsteuer

Nachdenkliche Stimmung in der Zentrale: Erst kam die Steuer, dann der Atomausstieg.

Nachdenkliche Stimmung in der Zentrale: Erst kam die Steuer, dann der Atomausstieg.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Gesetzgeber kann aufatmen: An der Steuer auf die Brennelemente in deutschen Kernkraftwerken gibt es zumindest nach Ansicht des Finanzgerichts Baden-Württemberg nichts auszusetzen. Der AKW-Betreiber EnBW scheitert mit seiner Klage. Die Stuttgarter Richter widersprechen den Aussagen ihrer Kollegen.

Die umstrittene Brennelementesteuer ist einer Gerichtsentscheidung aus Baden-Württemberg zufolge vollkommen rechtens. Die Kernbrennstoffsteuer sei verfassungsgemäß und europarechtskonform, teilte das Finanzgericht Baden-Württemberg an seinem Hauptsitz Stuttgart mit.

Strahlender Gegenstand eines Steuerstreits: Brennelemente im Lagerbecken des Kernkraftwerks Krümmel.

Strahlender Gegenstand eines Steuerstreits: Brennelemente im Lagerbecken des Kernkraftwerks Krümmel.

(Foto: picture alliance / dpa)

In zwei gerichtlichen Eilverfahren (Az: 11 V 2661/11 und 11 V 4024/11) kamen die Stuttgarter Richter zu dem Schluss, dass "keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes bestehen". Auch Verstoße die Steuer nicht gegen europäisches Recht, teilte das Gericht mit. Im Gegensatz zu den beiden mit ihren Klagen erfolgreichen Konkurrenten RWE und Eon bekommt EnBW daher die bereits überwiesenen Steuerzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe zunächst nicht erstattet.

Die Entscheidung der Stuttgarter Richter dürfte die Diskussion um die umstrittene Besteuerung neu beleben: Erstmals gab ein Gericht der Bundesregierung in dieser Frage ausdrücklich Rückendeckung. Die Finanzgerichte in Hamburg und München hatten die Steuer in Frage gestellt. Die Brennelementesteuer ist eine Pflichtabgabe für Betreiber von Kernkraftwerken, die ursprünglich im Zusammenhang mit der Laufzeitverlängerung auf die Nutzung von Kernbrennstoffe zur Stromerzeugung erhoben wird. Gegen die im Vorjahr eingeführte Besteuerung hatte Deutschlands drittgrößter vor dem Gericht .  Die Energieriesen hatten sich an Gerichte in Hamburg und München gewandt.

Dort hatten die Richter die Rechtmäßigkeit der Steuer noch bezweifelt.  Unklar sei, ob der Bund eine solche Steuer erheben darf, hatte es gehießen. Es stehe nicht fest, ob es sich bei der Brennelementesteuer tatsächlich um eine Verbrauchssteuer handelt und der Bund über die Gesetzgebungskompetenz verfüge. Das Bundesfinanzministerium rechnet durch die Brennelementesteuer mit Einnahmen von jährlich insgesamt 1,3 Mrd. Euro.

Noch wackelt die Steuer

Abweichend von ihren Kollegen vertrat das Finanzgericht Baden-Württemberg nun die Auffassung, dass es für die Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Einführung einer Kernbrennstoffsteuer in Form einer Verbrauchsteuer nicht darauf ankommt, ob die Steuer auf die Stromkunden abwälzbar ist oder nicht. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts habe der Bund die Kompetenz zur Einführung einer Kernbrennstoffsteuer inne, teilte das Gericht zu den im Eilverfahren getroffenen Beschlüssen mit. Verstöße gegen das Grundgesetz, wie etwa das Eigentumsrecht, seien nicht erkennbar. Nicht stichhaltig sei auch der von EnBW erhobene Vorwurf des Verstoßes gegen Europarecht, insbesondere gegen das Verbot der Erhebung nicht harmonisierter Verbrauchsteuern auf elektrischen Strom.

Da EnBW voraussichtlich den Bundesfinanzhof anrufen werde, wo bereits Beschwerden gegen die anderslautenden Entscheidungen der Finanzgerichte Hamburg und München anhängig sind, stehe eine endgültige Klärung der Rechtslage noch aus. Möglicherweise würden auch erst das Bundesverfassungsgericht oder der Gerichtshof der Europäischen Union abschließend über die Brennelementesteuer urteilen. Es wird erwartet, dass sich der Rechtsstreit über Jahre hinzieht.

Für EnBW besonders hart

Ein EnBW-Sprecher sagte, das Unternehmen prüfe das Urteil und entscheide dann über weitere Schritte. Die Steuerlast schmerzt den stärker als seine Konkurrenten von Atomkraft abhängigen Versorger besonders. Die Brennelementesteuer war nach Revisionen der EnBW-Atommeiler im badischen Philippsburg und schwäbischen Neckarwestheim fällig geworden. Einer der Großaktionäre von EnBW ist das grün-rot regierte Land Baden-Württemberg. Eine RWE-Sprecherin wollte die Entscheidung des Stuttgarter Gerichts nicht bewerten, verwies aber auf die zugunsten der Versorger ausgefallenen beiden anderen Urteile. Von Eon war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Als einziger der vier Atomkraftwerksbetreiber in Deutschland hatte Vattenfall nicht gegen die Steuer geklagt.

Nach Erfolgen vor den Finanzgerichten in Hamburg und München hatten RWE und Eon ihre gezahlte Abgaben in Höhe von zusammen rund 170 Mio. Euro vorläufig erstattet bekommen. Auf RWE entfielen rund 75 Mio. Euro für den Brennelementewechsel im bayerischen Atomkraftwerk Gundremmingen, der Rest auf Eon für neue Brennelemente im fränkischen AKW Grafenrheinfeld.

Nach der Katastrophe im japanischen Fukushima hatte die Bundesregierung eine kurzfristig angesetzte Kehrtwende in der deutschen Energiepolitik vollzogen. Die Laufzeitverlängerung für deutsche Kernkraftwerke wurde zurückgenommen und der geplante Ausstieg aus der Kernkraft beschleunigt, die Brennelementesteuer aber beibehalten.

Manager verklagt und wieder eingestellt

Unabhängig von der Niederlage vor Gericht in Sachen Brennelementesteuer hat EnBW seinen Ex-Technikvorstand trotz laufender Klagen gegen ihn wieder eingestellt. Seit Anfang 2012 ist Hans-Josef Zimmer erneut in diesem Amt - nachdem er es im Sommer wegen Ungereimtheiten bei Nuklearbrennstoff-Geschäften in Russland niedergelegt hatte. Neben Zimmer sollen auch drei seiner Kollegen für einen angeblich von ihnen zumindest mitverschuldeten Millionenschaden haftbar gemacht werden, wie es von zuständiger Seite hieß.

Ein Sprecher des für Zimmer zuständigen Landgerichts Landau in der Pfalz bestätigte am Vortag, die beiden Klagen seien schon zugestellt und Zimmers Anwälte hätten bis Ende Februar Zeit, auf die Vorwürfe zu reagieren. Nach Darstellung des Sprechers geht es um Forderungen "im oberen zweistelligen Millionenbereich". Nach Informationen aus dem EnBW-Umfeld handelt es sich insgesamt um eine Summe von etwa 90 Mio. Euro, wobei auf Zimmer nur ein kleinerer Teil entfalle. EnBW hatte 2011 wegen der Geschäftsprobleme in Russland weit mehr als 100 Mio. Euro abschreiben müssen.

Bei Zimmers Abgang hatte es geheißen, er gehe aus freien Stücken, um eine "vorbehaltlose Prüfung von russischen Geschäftstätigkeiten" zu ermöglichen. Zum Ergebnis dieser Untersuchung sagte ein Sprecher des Energieriesen: "Es gab keine Gründe aus der internen Aufarbeitung, die es begründet hätten, ihn nicht wieder zu bestellen." Zimmers Expertise sei ein Gewinn für die EnBW. Zum offensichtlichen Widerspruch zwischen Klage und Zusammenarbeit wollte sich der Sprecher nicht äußern und verwies auf das schwebende Verfahren. Ob börsennotierte Unternehmen klagen, ist nicht nur ihre eigene freie Entscheidung, sondern hängt auch vom Aktienrecht ab.

Quelle: ntv.de, DJ/dpa/rts

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