"Nein, nein, ich höre nicht zu!" Richter wirft Mladic aus dem Saal
04.07.2011, 12:23 Uhr
Lange nahm der mutmaßliche Kriegsverbrecher Mladic nicht an der Gerichtssitzung teil.
(Foto: AP)
Im Völkermord-Prozess gegen den serbischen Ex-General Mladic sorgt der Angeklagte für einen Eklat. Wegen ständiger Störungen verweist ihn der Vorsitzende Richter des Saals. Dabei überrascht Mladic allein mit seinem Erscheinen vor dem UN-Tribunal.
Der wegen Völkermordes angeklagte serbische Ex-General Ratko Mladic ist bei einer Sitzung des UN-Kriegsverbrechertribunals aus dem Gerichtssaal verwiesen worden. Damit reagierte der Vorsitzende Richter auf ständige Unterbrechungen durch den Angeklagten. Mit dem Zwischenruf "Nein, nein, ich höre nicht zu!" hatte Mladic gestört, als der Richter die Punkte der Anklage vortragen wollte. Sicherheitsbeamte führten den 69-Jährigen, der sich zunehmend aggressiv verhalten hatte, aus dem Saal.
Der Vorsitzende Richter Alphons Orie aus den Niederlanden legte anschließend in Abwesenheit des Angeklagten dessen Plädoyers auf unschuldig fest und ließ diese entsprechend zu den Akten nehmen.
Mladic hatte dem Tribunal von Beginn der Sitzung an immer wieder vorgehalten, es verweigere ihm juristischen Beistand durch zwei von ihm ausgewählte Verteidiger - den serbischen Juristen Milos Saljic und den russischen Anwalt Alexander Meziajew.
"Was für ein Gericht ist das hier?"

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Vergeblich wies der Richter Mladic darauf hin, dass er nach dem vom Gericht bestellten Pflichtverteidiger selbstverständlich Anwälte seiner Wahl beauftragen dürfe. Nur prüfe die Gerichtsverwaltung noch den Regeln entsprechend die Qualifikation der beiden von Mladic gewünschten Juristen. Diese Prüfung habe noch nicht abgeschlossen werden können, da der Angeklagte sie erst vor kurzem benannt habe. "Sie wollen über meine Verteidigung bestimmen, was für ein Gericht ist das hier?", schrie Mladic den Richter daraufhin an.
Auf Grund jenes Streits um seine Verteidiger war einen Tag vor Sitzungsbeginn sogar Mladics Teilnahme an der Sitzung fraglich. So hatte sein Belgrader Anwalt Saljic, erklärt, dass sein Mandant nicht freiwillig vor dem Gericht in Den Haag erscheinen würde.
Wie sein einstiger Mentor
Dem früheren Militärführer der bosnischen Serben werden Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in elf Punkten vorgeworfen - darunter die Massaker in Srebrenica im Sommer 1995, bei denen bis 8000 bosnische Muslime ermordet wurden, sowie die jahrelange Belagerung von Sarajevo, der etwa 10.000 Einwohner zum Opfer fielen.
Mladic war am 26. Mai nach 16 Jahren Flucht in Serbien festgenommen und wenige Tage später an das Tribunal in Den Haag überstellt worden. Bei seinem ersten Erscheinen vor dem Tribunal am 3. Juni wies er die Anklage heftig zurück. So sprach er von "abscheulichen Vorwürfen" sowie "monströsen Worten" und verweigerte ein Plädoyer.
Der Ex-General folgte damit dem Beispiel seines ideologischen Mentors Radovan Karadzic. Der ebenfalls wegen des Völkermords von Srebrenica angeklagte frühere politische Führer der bosnischen Serben hatte die Vorwürfe in seinem 2009 eröffneten Prozess als "Sammlung von Lügen" bezeichnet.
Quelle: ntv.de, dpa/rts