Politik

"Belastet Wirtschaft und Beschäftigung" Röslers Reform im Dauerfeuer

Gesundheitsminister Rösler möchte mit seiner Reform die Kosten im Gesundheitssystem deckeln.

Gesundheitsminister Rösler möchte mit seiner Reform die Kosten im Gesundheitssystem deckeln.

(Foto: dpa)

Die Bundesregierung will am Mittwoch eines ihrer wichtigsten Gesetzesvorhaben beschließen: Die Gesundheitsreform. Das Werk von Minister Rösler ist allerdings heftig umstritten. Einmütig kritisieren Arbeitgeber, Gewerkschaften, die CSU und die Opposition die Pläne zur Beitragsanhebung. "Das ist der falsche Weg."

Gewerkschaften und Arbeitgeber haben die geplante Gesundheitsreform der Bundesregierung scharf kritisiert. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) monierte im "Hamburger Abendblatt" vor allem eine einseitige Belastung der Arbeitnehmer. Der DGB will den Protest im Herbst auf die Straße tragen. "Das ist der falsche Weg", sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt der "Passauer Neuen Presse". Lob kam vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI).

Das Bundeskabinett befasst sich am Mittwoch mit der Gesundheitsreform. Dabei soll ein Gesetzentwurf von Rösler verabschiedet werden, der unter anderem Einsparungen bei Krankenhäusern, Ärzten und in der Pharmabranche sowie die Anhebung des Beitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung. 2011 soll der Beitragssatz von 14,9 auf 15,5 Prozent steigen. 7,3 Prozent davon zahlen die Arbeitgeber, 8,2 die Angestellten.

DGB und Arbeitgeber einig

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagte, die schwarz-gelbe Koalition plane "eines der größten Umverteilungs- und Belastungsprogramme gegen die Bürgerinnen und Bürger". Gesundheitsminister Philipp Rösler könne nicht verschleiern, dass die 70 Millionen Versicherten künftig alle Kostensteigerungen in der gesetzlichen Krankenversicherung allein zahlen sollen. "Wir halten Röslers Pläne für zutiefst ungerecht", sagte Buntenbach.

Beiträge steigen: Auf die Versicherten kommen in jedem Fall höhere Belastungen zu.

Beiträge steigen: Auf die Versicherten kommen in jedem Fall höhere Belastungen zu.

(Foto: dpa)

Auch Arbeitgeberpräsident Hundt kritisierte die Anhebung der Versicherungsbeiträge: "Die Koalition hat stabile Beiträge und die Entkopplung der Gesundheitskosten vom Arbeitsverhältnis versprochen. Tatsächlich werden jetzt die Beiträge zulasten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern deutlich erhöht", sagte er der Zeitung. Das sei der falsche Weg, da die Beitragserhöhung die Arbeitskosten in Deutschland weiter nach oben treibe. "Das belastet Wirtschaft und Beschäftigung beim Aufstieg aus dem tiefen Konjunkturtal."

Die Vizechefin der FDP-Fraktion, Ulrike Flach, hielt Hundt entgegen, der Arbeitgeberbeitrag werde festgeschrieben, die Lohnzusatzkosten würden planbar. "Das sollte selbst Herrn Hundt klar sein."

Mehrkosten für Versicherte

Der Beitragssatz soll in Zukunft fix bleiben. Künftige Mehrkosten sollen allein über nach oben offene Zusatzbeiträge von den 50 Millionen Kassenmitgliedern bezahlt werden. Übersteigt der im Schnitt von den Kassen gebrauchte Zusatzbeitrag zwei Prozent des Monatseinkommens, bekommen die Betroffenen den Rest aus Steuermitteln ausgeglichen.

Das RWI lobte, die Koalition gehe den richtigen Weg, Ausgabenzuwächse über Zusatzprämien plus Sozialausgleich zu finanzieren. Unausgewogen seien Belastungen der Krankenhäuser. Sie sollen mit 500 Millionen Euro zum Sparziel von 3,5 Milliarden Euro 2011 beitragen.

CSU stellt Reform infrage

CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich forderte die Regierungskoalition im Gespräch mit der Zeitung indes auf, Änderungsvorschläge aus den Reihen der Koalition ernst zu nehmen und gegebenenfalls umzusetzen. "Wir müssen die kritischen Hinweise der Gesundheitsexperten der Koalition aufnehmen", sagte Friedrich. Der CSU-Politiker schloss zugleich Änderungen beim Gesetzentwurf nicht aus. Es gehöre zur parlamentarischen Normalität, dass bei jedem Gesetz im Bundestag noch Detailveränderungen vorgenommen werden. "Das wird bei der Gesundheitsreform nicht anders sein."

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sagte der "tageszeitung": "Ich bin verwundert, dass die Bevölkerung keinen Widerstand leistet. (...) Da Rösler als Person belächelt wird, unterschätzt die Bevölkerung die Folgen der Reform." Linke-Politiker Harald Weinberg sagte: "Sie ist gut für die Lobbyisten von Pharmaindustrie und Privater Krankenversicherung, aber Gift für den sozialen Frieden in Deutschland."

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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