Rebellion in der NRW-Union Röttgen droht Wahlkampffehlstart
04.04.2012, 15:03 Uhr
Röttgen könnte geschlossene Reihen gebrauchen, um in NRW zu reüssieren. Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus.
(Foto: dpa)
Eigentlich will sich Umweltminister Röttgen heute triumphal zum Spitzenkandidaten für die NRW-Wahl aufstellen lassen. Nebenbei soll seine Landesliste durchgewunken werden. Doch CDU-Bezirkschef Voss macht Stimmung gegen die Pläne. Da gerät eine Personalie zur Nebensache: Energieexpertin Kemfert wird im Falle eines CDU-Wahlsiegs Ministerin.
In der nordrhein-westfälischen CDU formiert sich Widerstand gegen den Bundesumweltminister Norbert Röttgen. Vor Röttgens Wahl zum Spitzenkandidaten für die bevorstehende Landtagswahl rief der Vorsitzende des Parteibezirks Mittelrhein, Axel Voss, dazu auf, gegen die von Röttgen angeführte Landesliste zu stimmen. Der Europaabgeordnete sieht seinen Bezirk bei der Verteilung der Listenplätze benachteiligt.
Bei einem Landesparteitag in Mülheim sollen die Entscheidungen fallen. Doch die geplante Kandidatenkür droht nun zum Fehlstart zu werden. Ganz überraschend kommt das nicht. In den vergangenen Wochen war der Umweltminister bereits parteiintern kritisiert worden, weil er offen lässt, ob er bei einer Niederlage der CDU bei der Landtagswahl am 13. Mai als Oppositionsführer nach Düsseldorf kommt.
Voss macht Stimmung gegen Röttgen
Röttgen wies die Vorwürfe zurück. Die Verteilung der Listenplätze sei einstimmig von allen Bezirksvorsitzenden vorgeschlagen und vom Landesvorstand einstimmig beschlossen worden. Im Vorstand habe es lediglich eine Enthaltung gegeben. Die Enthaltung sei nicht von Voss gekommen. Röttgen war Vorgänger von Voss als Bezirkschef Mittelrhein. "Ich glaube, heute abend wird es eine Demonstration von Geschlossenheit der CDU geben", sagte Röttgen.
In einer SMS an Parteifreunde hatte Voss einem "Bild"-Bericht zufolge geschrieben: "Ich wäre euch dankbar, die Landesliste auf der Vertreterversammlung insgesamt abzulehnen und gegebenenfalls eure Delegierten aufzufordern, Gleiches zu tun." Röttgen sagte, er kenne die SMS. Die Landesliste sei ausgewogen. Er selbst und seine Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf Platz 3 der Liste gehören dem Bezirk Mittelrhein an.
Voss wollte nicht an dem Parteitag teilnehmen. Er sei in den Urlaub gefahren, teilte der Bezirksverband mit. Weiter hieß es: "Axel Voss und die CDU Mittelrhein stehen zu Hundertprozent hinter Norbert Röttgen als Spitzenkandidat in NRW." Die Aufstellung der Landesliste sei "ein rein parteiinterner Vorgang, der nicht kommentiert wird".
Kemfert könnte Ministerin werden
Die Bundes-SPD sieht bei Röttgen einen "perfekten Fehlstart" als CDU-Spitzenkandidat im NRW-Wahlkampf. "Röttgen kann sich nicht entscheiden: weder für Berlin oder Düsseldorf noch für Sparen oder Nicht-Sparen", sagte der Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann in Berlin.
So starte er bei der Pendlerpauschale den "hilflosen Versuch", sich gegen die eigene Parteivorsitzende und Kanzlerin Angela Merkel zu profilieren. "Mit seinen Pirouetten bringt Röttgen sogar die eigenen Leute gegen sich auf", sagte Oppermann. "Jetzt beginnt, bevor er überhaupt als Spitzenkandidat gewählt ist, die eigene Basis gegen ihn zu meutern."
Die SPD kämpft in Düsseldorf gegen die CDU darum, wer stärkste Kraft wird und den Ministerpräsidenten stellen kann. Im persönlichen Vergleich schneidet SPD-Amtsinhaberin Hannelore Kraft laut Umfragen bisher besser ab als der Unionskandidat. "Röttgen kommt einfach nicht an in Nordrhein-Westfalen", meinte Oppermann.
Röttgen nannte unterdessen einen weiteren Namen für sein Schattenkabinett. Er stellte die Berliner Wirtschaftsprofessorin Claudia Kemfert als mögliche Ministerin für Energie und Klima vor, das Röttgen nach einem CDU-Wahlsieg einrichten will. Kemfert leitet beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) die Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt. Die 43-Jährige ist parteilos.
Quelle: ntv.de, jog/dpa/rts