Politik

Wende im Stasi-Akten-Streit Rot-Grün-Gelber Kompromiss

Die rot-grüne Koalition und die FDP haben sich bei der umstrittenen Novelle des Stasi-Unterlagen-Gesetzes überraschend auf einen Kompromiss geeinigt. Die ursprünglich für heute vorgesehene Verabschiedung der Gesetzesänderung im Bundestag wurde daher kurzfristig auf kommende Woche verschoben.

Von Seiten der SPD-Fraktion hieß es, man habe sich mit den Liberalen auf Präzisierungen verständigt, die der FDP eine Zustimmung zu dem Entwurf ermöglichten. In der FDP-Fraktion war von deutlichen Verbesserungen beim Schutz von Stasi-Opfern gegen die Herausgabe ihrer Akten die Rede. Bislang hatten die Liberalen ebenso wie die Union die geplante Novelle abgelehnt, da sie den Opferschutz nicht ausreichend gewährleistet sahen.

Mit ihrem Entwurf wollten SPD und Grüne die Verwendung von Akten über Prominente zu Forschungszwecken wieder ermöglichen, die durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Fall von Altkanzler Helmut Kohl (CDU) gestoppt worden war. Die rot-grüne Koalition wollte die Novelle notfalls auch gegen die Stimmen der Opposition verabschieden. Bislang hatten die Parteien den Umgang mit den Stasi-Akten stets einvernehmlich geregelt.

Union ausgebootet

Durch die Einigung mit der FDP könnte das Gesetz, das noch den Bundesrat passieren muss, bald in Kraft treten. Ein Antrag der Länderkammer auf ein Vermittlungsverfahren könnte verhindert werden, wenn das CDU/FDP-geführte Sachsen-Anhalt der Vermittlung nicht zustimmt. In diesem Fall würde der Union die erforderliche Mehrheit fehlen.

Nach Angaben von SPD und FDP sieht der Kompromiss zu der Novelle vor allem vor, das Zustandekommen von Informationen stärker zu berücksichtigen. So solle etwa geprüft werden, ob Inhalte der Unterlagen auf schwere Menschenrechtsverletzungen zurückzuführen seien. Wurden die Informationen etwa durch Folter erlangt, dürfe die entsprechende Akte nicht herausgegeben werden.

Schily zufrieden?

Mit dem Kompromiss kommt die rot-grüne Koalition auch ihrem eigenem Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) entgegen. Schily hatte ebenfalls den Opferschutz in dem Entwurf als unzureichend kritisiert und Nachverhandlungen über das Stasi-Unterlagen-Gesetz gefordert.

Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) kündigte an, er werde weiterhin gegen die Veröffentlichung von Stasi-Akten über ihn vorgehen. Zur Not werde er bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, sagte sein Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner. Bei der geplanten Novelle handele es sich um eine "Lex Anti-Kohl", kritisierte der Jurist.

Quelle: ntv.de

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