Zuwanderung im Rückwärtsgang? Rot-Grün im Zwist
07.02.2002, 08:38 UhrIn der rot-grünen Koalition rumort es weiterhin auf Grund der Unstimmigkeiten beim Zuwanderungsgesetz. Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung Marieluise Beck (Grüne) warnte die SPD davor, "im Schneckengang den Rückwärtsgang" einzulegen. Sollte die SPD den Kompromiss mit dem Koalitionspartner aufkündigen, drohte die Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth mit einer Enthaltung der rot-grün geführten Länder Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein im Bundesrat.
SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler hingegen bezeichnete kritische Stimmen von Seiten der Grünen als "Gerede und Geplänkel". Er kündigte an, Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) werde zunächst ohne Beteiligung des Koalitionspartners mit den Ländern über eine Zustimmung zu dem Gesetz im Bundesrat verhandeln.
Zugleich trat Stiegler Spekulationen entgegengetreten, die SPD wolle die Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes auf die kommende Legislaturperiode verschieben. Dem "Handelsblatt " erklärte er, die Reform solle noch vor der Bundestagswahl im September umgesetzt werden. "Spekulationen, die Sozialdemokraten könnten davon abrücken, sind falsch", sagte Stiegler der Zeitung.
Der Fraktionsvize reagierte damit auf Äußerungen seines Parteifreundes Dieter Wiefelspütz. Dieser hatte erklärt, das Zuwanderungsgesetz sei angesichts der vielen Arbeitslosen immer schwerer vermittelbar. Der Schwerpunkt liege in nächster Zeit auf der Integration von sozial Schwachen und von bereits in Deutschland lebenden Ausländern in den Arbeitsmarkt.
Union sieht Chancen auf Einigung
In der CDU/CSU stießen die Äußerungen von Wiefelspütz auf Zustimmung. Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Erwin Marschewski (CDU) bezeichnete in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" die Forderung des SPD-Politikers nach Begrenzung der Zuwanderung auf hochqualifizierte Arbeitskräfte als "ersten Meilenstein für einen Konsens". Allerdings müsse Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) jetzt auch sein Zuwanderungspaket entsprechend verändern. Damit könne die SPD ihr Interesse an einem Konsens glaubwürdig untermauern.
Grüne setzen auf Bundesrat
Der Innenexperte der Grünen, Cem Özdemir, setzt in der Zuwanderungsfrage hingegen auf den Bundesrat. "Ich sehe für das Gesetz keine breite Mehrheit im Bundestag", sagte er der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Maßstab sei jetzt die Einigung mit den von großen Koalitionen regierten Ländern Bremen und Brandenburg.
Laut Stiegler verhandelt Innenminister Schily nun sowohl mit Brandenburg als auch mit dem CDU-regierten Saarland. "Dabei werden wir uns auf diese beiden Länder zubewegen müssen", sagte Stiegler dem "Handelsblatt". Gespräche sollen dabei insbesondere über die geforderte Aufnahme der Steuerungs- und Begrenzungselemente bei der Zuwanderung in den Gesetzestext sowie das Nachzugalter von Familienangehörigen geführt werden.
Quelle: ntv.de