Merz als Rüttgers-Nachfolger? Rot-Grün klar vor Schwarz-Gelb
06.05.2010, 13:17 UhrMinisterpräsident Rüttgers dementiert Gerüchte, im Falle einer Wahlniederlage am Sonntag könnte ihn Friedrich Merz als CDU-Landesvorsitzender beerben. Der Wahlkampf wird im Endspurt noch einmmal richtig spannend - in einer aktuellen Umfrage kommen SPD und CDU auf jeweils 37 Prozent. Rot-Grün liegt vier Punkte vor Schwarz-Gelb.
Wenige Tage vor der Nordrhein-Westfalen-Wahl sind einer Umfrage zufolge die Chancen für eine SPD-geführte Landesregierung gestiegen. Nach der Forsa-Erhebung kann Rot-Grün zusammen mit 47 Prozent, das schwarz-gelbe Bündnis in Düsseldorf nur mit 43 Prozent rechnen. CDU und SPD kommen dabei auf jeweils 37 Prozent, die Grünen auf 10 Prozent und die FDP auf 6 Prozent. Die Linke dürfte mit 5 Prozent den Sprung in den Landtag knapp schaffen.
Bei diesem Wahlergebnis wäre neben einer großen Koalition rechnerisch auch ein rot-rot-grünes Bündnis möglich. Hingegen verfügte Schwarz-Grün mit 47 Prozent nicht über eine Mehrheit. Im direkten Vergleich von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers mit seiner SPD-Herausfordererin Hannelore Kraft sprachen sich in der Umfrage 41 Prozent für den Amtsinhaber aus und 38 für die Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten.
Forsa-Chef Manfred Güllner sagte dem "Stern", die Griechenland-Krise sei in Nordrhein-Westfalen zum alles beherrschenden Thema geworden. Sie habe zu einer großen Verunsicherung der Wähler geführt. Profitieren könne vor allem die SPD, die viele Oppositionsstimmen auf sich bündeln könne. An landespolitischen Themen spiele für die Wahl am kommenden Sonntag höchstens noch die Bildungspolitik eine Rolle.
"Hanebüchener Unsinn"
Unterdessen musste Rüttgers Mutmaßungen zurückgweisen, im Fall seiner Abwahl als Ministerpräsident erwäge der CDU-Politiker Friedrich Merz ein Comeback in der Politik als Vorsitzender der NRW-CDU. "Das ist wirklich hanebüchener Unsinn", sagte Rüttgers dem ZDF. "Friedrich Merz hat sich in diesem Wahlkampf für mich engagiert, hat mich klar unterstützt."
Rüttgers warf zudem der Opposition einen schmutzigen Wahlkampf vor. Mit Blick auf die Finanzaffären seiner Partei sagte er: "Die Sachen sind überprüft worden, sowohl von der Staatsanwaltschaft wie vom Bundestagspräsidenten. Ergebnis: Es ist nichts übriggeblieben." Die Opposition wolle nicht über NRW reden, "sondern hat versucht, mit Schmutz zu schmeißen", kritisierte Rüttgers. Auf die Frage nach den hohen Umfrage-Sympathiewerten für seine SPD-Kontrahentin Kraft sagte der CDU-Landeschef, er selbst habe die höheren Kompetenzwerte. "Hier wird kein Schönheitswettbewerb ausgetragen." Er verteidigte die schwarz-gelbe Regierungsbilanz in Düsseldorf: "Wir haben eine sehr konsequente Politik gemacht, die wirtschaftliche Vernunft mit sozialer Gerechtigkeit verbindet."
Kraft wettert gegen Linke
SPD-Spitzenkandidatin Kraft hat unterdessen die Linken noch einmal scharf angegriffen. Für die SPD sei "völlig klar, wir wollen nicht mit den Linken", sagte Kraft dem ZDF. Die Landes-Linken seien "nicht regierungs- und nicht koalitionsfähig". In Nordrhein-Westfalen werde keine Linkspartei gebraucht, soziale Themen würden von der SPD abgedeckt.
Die Düsseldorfer Regierungsparteien CDU und FDP werfen Kraft im Landtagswahlkampf vor, nach dem Urnengang am Sonntag ein rot-rot-grünes Bündnis anzustreben. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers sagte dem "Hamburger Abendblatt", die SPD verweigere sich "der Solidarität der Demokraten, gegen die extremistische Linkspartei zu kämpfen". "Die SPD will mit Grünen und Linken regieren."
Grüne gegen Rüttgers
Die Grünen betonten, dass sie einer Koalition unter Führung von Ministerpräsident Rüttgers ablehnend gegenüberstehen. "Es gehört zu unseren klaren Wahlzielen, dass Jürgen Rüttgers nach dem 9. Mai nicht länger Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen ist", sagte Grünen-Landeschef Arndt Klocke der "Rheinischen Post". "Eine Koalition mit Jürgen Rüttgers an der Spitze ist für uns Grüne nur sehr schwer vorstellbar." Unterdessen überprüft Bundestagspräsident Norbert Lammert nach WDR-Informationen neben den CDU-Praktiken nun auch das Finanzgebaren der NRW-SPD.
Auch Rüttgers sprach sich gegen eine Koalition mit den Grünen aus. "Ich will Schwarz-Grün nicht", bekräftigte er im "Hamburger Abendblatt". "Eine Debatte, wie sie in Hamburg über die Schulpolitik geführt wird, möchte ich in Nordrhein-Westfalen nicht haben." Die Forderung von SPD, Grünen und Linkspartei nach einer Einheitsschule würde zu einem Schulkrieg in NRW führen.
Grünen-Landeschef Klocke betonte, die Stimmung an der Basis sei eindeutig gegen Rüttgers gerichtet. Der Ministerpräsident präsentiere sich "zwar gern als Saubermann", im Landtagswahlkampf sei aber mehr als deutlich geworden, dass Rüttgers und seine engsten Vertrauten Schmutzkampagnen gegen die Opposition steuerten, sagte Klocke. Und der Wahlkampf zum CDU-Wahlerfolg 2005 sei mit illegalen Parteispenden finanziert worden. Klocke riet der CDU nach den jüngsten Enthüllungen deshalb zu einem personellen Neuanfang nach der Wahl am Sonntag.
Finanzaffäre bei NRW-SPD?
Die CDU hatte zuvor eingeräumt, im Wahlkampf 2005 die Gründung einer angeblich parteiunabhängigen Wählerinitiative für Rüttgers mitfinanziert zu haben. Bundestagspräsident Lammert lässt prüfen, ob die Einnahmen der Wählerinitiative in den Rechenschaftsbericht der CDU hätten aufgenommen werden müssen. Das hatte die NRW-CDU nicht getan. Auf sie kommen deshalb möglicherweise Strafzahlungen zu.
Nach Informationen des WDR überprüft Lammert nun auch das Finanzgebaren der nordrhein-westfälischen SPD. Die NRW-SPD soll Einnahmen einer ihr nahestehenden Wählerinitiative wie Parteispenden behandelt und dafür einen Zuschuss aus Steuergeldern erhalten haben. Der Schatzmeister der NRW- SPD, Norbert Römer, legte deshalb Rechenschaftsberichte aus den Jahren 2004 bis 2009 vor, um die Vorwürfe zu entkräften. Demnach hat der SPD-Unterbezirk Bochum in den Jahren insgesamt rund 43.000 Euro an Spendengeldern über eine Wählerinitiative eingenommen. Die Bundestagsverwaltung klärt derzeit nach Auskunft einer Sprecherin, ob die Spenden korrekt verbucht worden sind, wie die SPD beteuert.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa