Trittin beweglich - Clement starr Rot-grüner Abgasstau
26.03.2004, 14:51 UhrIm Streit um den geplanten Handel mit Abgasrechten rasen Rot und Grün mit zunehmender Geschwindigkeit aufeinander zu. Die deutsche Industrie soll nach dem Willen von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) bis mindestens 2007 weiter soviel Kohlendioxid ausstoßen dürfen wie bisher.
Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) wetterte indes gegen ein Treffen der Wirtschaftsminister der Bundesländer zum Emissionshandel am Freitag, an dem auch Clement teilnahm. Viele Minister wollten das Rad der ökologischen Modernisierung zurückdrehen und seien den Vorstellungen der 70er Jahre verhaftet, sagte Trittin.
Clements Ziel ist es, dass in der ersten Phase des Emissionshandels von 2005 bis 2007 von der Industrie nicht weitere Kürzungen verlangt würden, sagte Clement in Berlin. In der zweiten Phase von 2007 bis 2012 könne man dann sehen, wie der Ausstoß von CO2 verringert werde, "ohne dass die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie gefährdet wird". Trittin ließ offen, ob Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in den Streit eingreifen wird.
Jährlich 505 Mio. Tonnen CO2
Die Industrie gibt derzeit jährlich etwa 505 Millionen Tonnen C02 jährlich in die Atmosphäre ab. "Das wäre der vernünftigste Wert", sagte Clement mit Blick auf das Jahr 2007. Trittin wollte über den Abgashandel bis 2007 den Ausstoß ursprünglich auf 488 und bis 2012 auf 480 Millionen Tonnen senken. In einem von den Ministerien ausgehandelten Kompromiss war bereits ein Wert für 2007 von 499 Millionen Tonnen ausgehandelt wurden, der aber am Veto von Clement scheiterte.
Trittin beweglich - Clement starr
Zu Beginn des Streits über den Emissionshandel war in Regierungskreisen angedeutet worden, dass Trittin von seinen Forderungen für die erste Phase des Handels abrücken könnte, solange das Ziel für 2012 erreicht wird. Umstritten sind aber auch weitere Sondertöpfe für den Handel mit Abgaszertifikaten, die etwa den Ausstieg aus der Atomenergie oder die bereits erfolgte Modernisierung von ostdeutschen Braunkohlekraftwerken berücksichtigen soll. Der auch für Ostdeutschland zuständige Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) sagte der Chemnitzer "Freien Presse", dass dadurch ein "Emissionsguthaben" entstanden sei. Das Engagement bei der Modernisierung müsse berücksichtigt werden. Davon würde in erster Linie der Energiekonzern Vattenfall Europe profitieren.
Über einen europaweiten Handel mit Abgasrechten soll die Abgabe von klimaschädlichen Gasen vermindert werden. Dafür erhalten Kraftwerke und andere Industrieanlagen Emissionsrechte. Wer umweltfreundlich produziert oder Anlagen modernisiert, kann dann die Rechte an Betreiber von umweltschädlicheren Anlagen verkaufen. Bis Ende des Monats müssen die nationalen Pläne zum Emissionshandel nach Brüssel gemeldet werden.
Clement machte deutlich, dass er die Kombination verschiedener Instrumente zum Klimaschutz in Deutschland für übertrieben hält und der Emissionshandel insgesamt in Deutschland unnötig sei. "Wir bräuchten ihn eigentlich nicht ", sagte Clement. Er sei aber von der EU beschlossen worden. "Wir müssen darüber nachdenken, ob alle Instrumente, die wir bisher zum Klimaschutz einsetzen, ob die nebeneinander richtig sind", sagte Clement. Er nannte die Abgaben für die erneuerbaren Energien, die Kraft-Wärme-Kopplung sowie die Ökosteuer. "Alles zusammen macht den Strom ziemlich teuer. Das werden wir überprüfen müssen", sagte Clement.
Quelle: ntv.de