Regierungschef im Urlaub Rücktritt fällt aus
30.05.2009, 12:05 UhrEigentlich ist der Regierungschef der bosnischen Hälfte von Bosnien-Herzegowina zurückgetreten. Doch Präsidentin Kristo kann Brankovic nicht entlassen, der ist nämlich kurzerhand in den Urlaub gefahren.

Brankovic - und mit ihm die gesamte Regierung - können "wegen Urlaubs" nicht entlassen werden.
(Foto: REUTERS)
Der zurückgetretene bosnische Regierungschef Nedzad Brankovic muss weiter im Amt bleiben, weil er sich unmittelbar nach seiner Abdankung in den Urlaub verabschiedet hat. Das sagte die bosnische Präsidentin Borjana Kristo der Zeitung "Dnevni avaz" in Sarajevo. Sie könne den Ministerpräsidenten wegen Urlaubs nicht entlassen, deshalb müsse auch die gesamte Regierung vorläufig im Amt bleiben, erläuterte die Politikerin.
Brankovic, Regierungschef der Landeshälfte von Bosnien-Herzegowina, die von Muslimen und Kroaten bewohnt wird, war am Mittwoch zurückgetreten. Er begründete seinen Schritt in einem in Sarajevo veröffentlichten Schreiben mit der Wahl von Sulejman Tihic zum Vorsitzenden der muslimischen Partei SDA, dessen Vertrauen er nicht genieße. Tihic hatte zuvor den Rücktritt von Brankovic verlangt, nachdem gegen diesen eine Anklage wegen Amtsmissbrauchs erhoben wurde. Brankovic war SDA-Kandidat für das Amt.
Brankovic und einer Gruppe von 60 möglichen Mittätern wird Veruntreuung von etwa 500 Millionen Euro zur Last gelegt, wie die in Sarajevo erscheinende Zeitung "Dnevni avaz" berichtete. Brankovic und die anderen sollen den größten Konzern des Landes, Energoinvest-Sarajevo, um diesen Betrag geschädigt haben. Brankovic war seinerzeit Direktor der Firma und soll in finanzielle Machenschaften verstrickt gewesen sein.
Die bosnische Föderation, zusammengesetzt aus Muslimen und Kroaten, ist neben der Serbenrepublik einer der beiden Bestandteile von Bosnien-Herzegowina, das seit dem Ende des Bürgerkrieges (1992- 1995) in diese zwei fast selbstständige Hälften geteilt ist. Von den vier Millionen Einwohnern stellen die Muslime knapp 50 Prozent, die Serben ein Drittel und die Kroaten 15 Prozent. Die Muslime wollen, unterstützt von den USA und der Europäischen Union, den bosnischen Zentralstaat stärken, um das seit Jahren blockierte Land funktionsfähig zu machen. Die Serben beharren auf ihrer nahezu unbegrenzten Eigenständigkeit und erkennen Sarajevo nicht einmal als Hauptstadt des gemeinsamen Staates an.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP