Neuer Atom-Abrüstungsvertrag Russen drohen mit Ausstieg
06.04.2010, 13:27 UhrDer neue Atom-Abrüstungsvertrag soll noch diese Woche unterzeichnet werden. Doch Russlands Außenminister Lawrow stellt plötzlich Forderungen: Sollten die Amerikaner mit ihrem Raketenabwehrsystem zu weit gehen, würde man den Kontrakt wieder kündigen. Derweil verhandeln die Russen mit Venezuela über neue Waffenlieferungen.
Kurz vor Unterzeichnung eines neuen atomaren Abrüstungsvertrags hat Russland die USA aufgefordert, auf das US-Raketenabwehrprojekt in Bulgarien und Rumänien zu verzichten. "Dieser einseitige Plan trägt nicht zum Dialog bei", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow. Am Donnerstag wollen Kremlchef Dmitri Medwedew und US-Präsident Barack Obama in Prag ein neues atomares Abrüstungsabkommen unterzeichnen. Darin haben beide Länder vereinbart, die Zahl der Atomsprengköpfe auf jeweils 1550 zu senken.
Lawrow appellierte auch an Washington, die Entwicklung konventioneller strategischer Offensivwaffen einzustellen. "Dieses Arsenal kann die gesamte Lage destabilisieren. Das ist ein ernstes Thema." Lawrow sagte, er rechne nach dem Gipfel in der tschechischen Hauptstadt mit einer Ratifizierung des Vertrags durch die Parlamente in den USA und in Russland "bis Ende April". Moskau hoffe, dass von dem Prager Abkommen Signalwirkung ausgehe und sich andere Staaten anschließen würden.
"Russland hat das Recht zu kündigen"
Der Außenminister wird Medienberichten zufolge mit Medwedew nach Prag reisen und dort mit seiner US-Amtskollegin Hillary Clinton sprechen, unter anderem auch über das umstrittene Atomprogramm des Iran. Russland hat Sanktionen gegen die Führung in Teheran zuletzt nicht mehr völlig ausgeschlossen.
Der neue Abrüstungsvertrag mit den USA zeugt nach Aussage des russischen Außenministers von einer "neuen Ebene des Vertrauens" der einstigen Gegner des Kalten Krieges. Russland behalte sich jedoch das Recht vor, aus dem Vertrag auszusteigen, sollten Moskau die US-Pläne zur Raketenabwehr zu weit gehen, sagte Lawrow. "Russland hat das Recht, den START-Vertrag zu kündigen, wenn ein quantitativer und qualitativer Aufbau des strategischen US-Anti-Raketen-Potenzials die Wirksamkeit von Russlands strategischen Atomwaffen maßgeblich beeinträchtigt."
Zugleich unterstrich er, dass das Nachfolgeabkommen des im Dezember ausgelaufenen START-Vertrags den nationalen Interessen beider Seiten gerecht werde. Während der 1991 geschlossene Kontrakt zwischen den USA und der Sowjetunion vieles enthalten habe, das einen "benachteiligenden Charakter" für Moskau gehabt habe, sei dies im neuen Vertrag "vollkommen vermieden" worden.
Neue Waffen für Chavez
Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin hat unterdessen Waffenverkäufe im Milliardenwert an Venezuela in Aussicht gestellt. "Unsere Delegation ist gerade aus Venezuela zurückgekehrt. Das Gesamtvolumen der Bestellungen könnte die Fünf-Milliarden-Dollar übertreffen", sagte Putin. Es seien noch keine Verträge unterschrieben worden. Laut der Nachrichtenagentur RIA ist in der Gesamtsumme eine Kreditlinie von 2,2 Milliarden Dollar für russische Waffen enthalten, die Chavez bereits im September erhalten hat.
Die USA äußerten sich besorgt über die mögliche Verbreitung von Waffen, die auf ein solch großes Geschäft folgen könne. Allein seit 2005 hat Chavez rund vier Milliarden Dollar für russische Kampfjets, Hubschrauber und Maschinengewehre ausgegeben. Chavez ist ein lautstarker Kritiker der US-Militärpräsenz im Nachbarland Kolumbien. Trotz der Spannungen ist Venezuela einer wichtigsten Öl-Lieferanten der USA.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP