Moskau beschuldigt Kiew Russischer Journalist in Donezk erschossen
30.06.2014, 09:31 Uhr
Eine Frau weint, als ihr Haus in Slavjansk nach einem Bombenbeschuss abbrennt.
(Foto: AP)
Die Waffenruhe in der Ukraine ist brüchig, das russisch-ukrainische Verhältnis seit Monaten angespannt. Ein weiterer tödlicher Zwischenfall in Donezk macht die Lage nicht besser. Die russische Justiz will nun ermitteln.
Im ukrainischen Konfliktgebiet Donezk ist erneut ein russischer Journalist getötet worden. Behörden in Moskau warfen den ukrainischen Regierungstruppen vor, den Mitarbeiter des Staatsfernsehsenders Perwy Kanal (Erster Kanal) bei der Arbeit in der Ostukraine ermordet zu haben.
Das Außenministerium in Moskau forderte Kiew auf, das Verbrechen aufzuklären und die Schuldigen zu bestrafen. In der Region waren bereits mehrere Journalisten getötet worden. "Der Tod des russischen Journalisten zeigt noch einmal überzeugend, dass die Sicherheitsstrukturen in der Ukraine keine Deeskalation des bewaffneten Konflikts wünschen", hieß es in einer Mitteilung.
Die ohnehin brüchige Waffenruhe sei damit erneut verletzt worden, kritisierte das Außenministerium. Die russische Justiz kündigte umgehend die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens an. Der Vorwurf laute auf Verstoß gegen Regeln in kriegerischen Konflikten, wurde in Moskau offiziell mitgeteilt. Das russische Außenministerium rief die ukrainische Justiz auf, Ermittlungen aufzunehmen.
Feuerpause endet
Die von dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko ausgerufene Feuerpause endet am Montagabend. Russland hat eine nochmalige Verlängerung gefordert, damit der Friedensplan für die von Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Separatisten erschütterte Region umgesetzt werden kann.
Schon am Wochenende war die Waffenpause mehrfach gebrochen worden, wofür sich die Konfliktparteien gegenseitig verantwortlich machen. Die Separatisten der selbst ernannten "Volksrepubliken Donezk und Lugansk" verlangen als Vorbedingung für einen Friedensdialog mit Kiew den Abzug aller Regierungstruppen aus der Ostukraine. Am Wochenende hatten die Aufständischen - unter Mitwirken Russlands - die letzten verschleppten Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) freigelassen, darunter eine Deutsche.
Putin will längere Waffenruhe
In einem Telefonat mit Kanzlerin Angela Merkel, dem französischen Staatschef François Hollande und Poroschenko drang Russlands Präsident Wladimir Putin nach Kreml-Angaben darauf, eine neue Waffenruhe und dann gleich für länger auszurufen. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union hatten vergangene Woche bei ihrem Gipfel Signale von der Moskauer Regierung dafür gefordert, dass sie es ernst meine mit der Entspannung in der Ostukraine.
Russland müsse "substanzielle Verhandlungen" über Poroschenkos Friedensplan aufnehmen, anderenfalls werde die EU neue Sanktionen gegen Moskau beschließen, hieß es in einer Erklärung. Bei einem neu angesetzten Krisentelefonat will Poroschenko mit Merkel, Putin und Hollande weitere Schritte besprechen. Zuvor hatten die Politiker auch über eine mögliche OSZE-Mission zur Kontrolle der ukrainisch-russischen Grenzübergänge gesprochen, um den Nachschub von Waffen und Kämpfern in die Krisenregion zu stoppen.
In der ukrainischen Hauptstadt Kiew demonstrierten hingegen Tausende dafür, die Militäroffensive wieder aufzunehmen, um die prorussischen Separatisten mit Waffengewalt in die Knie zu zwingen. Unter ihnen waren auch Angehörige freiwilliger Kampfverbände. Viele Ukrainer werfen Poroschenko vor, dass die am 20. Juni ausgerufene Feuerpause keine greifbaren Erfolge gebracht hat. Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge wurden seit Mitte April bis zum 20. Juni mindestens 423 Menschen im Ukraine-Konflikt getötet, darunter sowohl Soldaten als auch Zivilisten.
Quelle: ntv.de, lsc/dpa