Politik

Menschenrechtsverletzungen Russland führend in Straßburg

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kann die Klagewut der Europäer kaum noch bewältigen. Die meisten der knapp 120.000 Klagen jährlich kommen aus Russland.

Bundeskanzlerin Merkel im Gespräch mit Gerichtshofpräsident Costa.

Bundeskanzlerin Merkel im Gespräch mit Gerichtshofpräsident Costa.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Russland hat dem überlasteten Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im vergangenen Jahr die meiste Arbeit aller Europaratsländer beschert. Mehr als 33.000 Grundrechtsbeschwerden aus Russland waren am 31. Dezember 2009 anhängig, fast 30 Prozent der knapp 120.000 Klagen aus den 47 Mitgliedsländern, hieß es bei der Vorstellung der Jahresstatistik des Gerichtshofes in Straßburg. Ursache sind hauptsächlich Übergriffe in Tschetschenien.

Gerichtshofspräsident Jean-Paul Costa würdigte den "positiven Schritt" des russischen Parlaments. Dieses hatte nach jahrelangem Widerstand vor zwei Wochen der Reform des Gerichtshofes zugestimmt. Dadurch können in Zukunft Beschwerden sehr viel rascher bearbeitet werden.

Viele Beschwerden aus der Türkei

An zweiter Stelle in der Statistik rangiert die Türkei mit mehr als 13.000 anhängigen Beschwerden, zumeist im Zusammenhang mit Gewalt und Verschleppungen in den Kurdengebieten - gefolgt von der Ukraine (9975 Beschwerden) und Rumänien (9812 Beschwerden), wo es vielfach um Enteignungen aus der Zeit der Ceaucescu-Diktatur geht. Auf diese vier Länder entfallen 56 Prozent aller anhängigen Beschwerden.

Die Bedeutung des Gerichtshofes in Europa ist in den letzten Jahren ständig gewachsen und die Beschwerdeflut hat explosionsartig zugenommen. 2009 wurden mehr als 1600 Urteile gesprochen - etwa doppelt so viele wie in den fast 40 Jahren von 1959 bis 1998, sagte Costa. Dabei werden über 90 Prozent aller Beschwerden als unzulässig abgewiesen.

Um in Straßburg zu klagen muss ein Bürger aus den Europaratsländern erst alle nationalen Instanzen durchlaufen. Ein Deutscher muss also vom Bundesverfassungsgericht abgewiesen werden, ehe er sich an die Straßburger Richter wenden kann.

Quelle: ntv.de, dpa

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