Politik

Nach Karlsruher EFSF-Urteil SPD-Rebell kritisiert Lammert

Klarheit statt Schlingerkurs erwarten die Kläger vom Bundestagspräsidenten.

Klarheit statt Schlingerkurs erwarten die Kläger vom Bundestagspräsidenten.

(Foto: dpa)

Für seinen Schlingerkurs muss Bundespräsident Lammert harsche Kritik einstecken. Er hätte sich "gewissenhafter mit der Thematik befassen sollen". Lammert hatte sich erst für das Neuner-Gremium zur Euro-Rettung stark gemacht, war aber nach dem Urteilsspruch umgeschwenkt.

Das Neuner-Gremium

Das Sondergremium im Bundestag zur Eurorettung besteht aus neun Parlamentariern: drei Vertretern der Unionsfraktion, je zwei Vertretern der FDP und SPD und je einem Abgeordneten von Grünen und Linke. Für die Fraktion der CDU/CSU sitzen Norbert Barthle, Bartholomäus Kalb und Michael Stübgen in dem sogenannten Neuner-Gremium, für die SPD-Fraktion Lothar Binding und Carsten Schneider, für die FDP-Fraktion Otto Fricke und Michael Link, für die Linke Dietmar Bartsch und für Bündnis 90/Die Grünen Priska Hinz.

Das Gremium, für dessen Einsetzung der Bundestag mit breiter Mehrheit gestimmt hatte, soll in aller Eile Milliardenhilfen aus dem deutschen Anteil des Euro-Rettungsschirm absegnen können. Aus Sicht der Bundesregierung soll das Gremium möglichst klein sein, damit es schnell und vor allem geheim entscheiden kann. Langatmige öffentliche Plenar-Debatten über Hilfspakete für marode Euro-Staaten würden den Finanzmärkten ansonsten Zeit für Zinsspekulationen geben, und "Notmaßnahmen zur Verhinderung von Ansteckungsgefahren" würden ins Leere laufen, heißt es im Regierungslager.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Beteiligungsrechten des Bundestags bei Maßnahmen zur Euro-Rettung ist Parlamentspräsident Norbert Lammer (CDU) in die Kritik geraten. "Der Bundestagspräsident hätte sich vielleicht vorher gewissenhafter mit der Thematik befassen sollen", sagte der SPD-Abgeordnete Peter Danckert der "Passauer Neuen Presse". Danckert war einer der beiden in Karlsruhe erfolgreichen Kläger.

"Herr Lammert hat es versäumt, klar und entschieden auf die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes hinzuweisen." Er habe die Antragsteller in Karlsruhe allein gelassen. "Jetzt versucht er, sich auf unsere Seite zu schlagen", sagte Danckert. Er wies Lammerts Einschätzung zurück, es gebe nur begrenzten Korrekturbedarf an der Gesetzesregelung: "Das Bundesverfassungsgericht hat wesentliche Teile des Gesetzes für verfassungswidrig erklärt."

"Der Deutsche Bundestag hat mit einer überwältigenden Mehrheit der Regelung zugestimmt, über die heute das Bundesverfassungsgericht zu befinden hat", hatte sich  Lammert am Dienstagvormittag in der ARD noch überzeugt gezeigt.  Nach dem Urteilsspruch revidierte er jedoch seine Einschätzung, sagte aber, Karlsruhe habe nicht das ganze Verfahren verworfen, sondern lediglich die Sonderregelung, bestimmte Entscheidungen an einen kleinen Kreis von Abgeordneten zu delegieren, verfassungswidrig erklärt.

Das Verfassungsgericht hatte am Dienstag entschieden, dass das Sondergremium des Bundestages zur Kontrolle des Euro-Rettungsschirms größtenteils verfassungswidrig ist. Das geheim tagende neunköpfige Gremium für eilbedürftige Euro-Entscheidungen verletze die Beteiligungsrechte der Abgeordneten. Nur in einigen Ausnahmefällen mit besonderer Vertraulichkeit wie beim Ankauf bestimmter Staatsanleihen durch den Rettungsfonds EFSF sei eine Entscheidung durch das Kleingremium gerechtfertigt. Damit stärkten die Richter erneut die Abgeordneten in ihren Rechten.

Quelle: ntv.de

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