Politik

"Ohne Zeitverzug" SPD bandelt mit CDU an

Wowereit, Henkel: Das neue Paar für Berlin?

Wowereit, Henkel: Das neue Paar für Berlin?

(Foto: dapd)

Berlins Regierender Bürgermeister Wowereit fackelt nicht lange: Nach dem schnellen Scheitern der Verhandlungen mit den Grünen will er umgehend mit der CDU über eine Koalition sprechen. Diese Option war im Vorfeld bei den Bürgern deutlich unbeliebter als Rot-Grün. Nicht nur die Jusos sind also genervt.

Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit den Grünen hat die Berliner SPD beschlossen, mit der CDU Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Wie SPD-Landeschef Michael Müller sagte, beschloss der Landesvorstand einstimmig, den Konservativen Koalitionsverhandlungen anzubieten. "Wir werden ohne Zeitverzug das Gespräch mit der CDU suchen." Vor den eigentlichen Verhandlungen solle ein Treffen stattfinden, bei dem die Ergebnisse der bisherigen Sondierungsgespräche geprüft würden, sagte Müller. Die SPD habe "mit großem Bedauern" zur Kenntnis genommen, dass es "keine Bewegung" bei den Grünen hinsichtlich des Bauprojekts A100 gegeben habe, fügte der Parteichef hinzu.

Die Christdemokraten sind nach den Worten ihres Landes- und Fraktionsvorsitzenden Frank Henkel bereit. "Sollte es ein Verhandlungsangebot der SPD geben, werden wir uns dem nicht verschließen», sagte Henkel.Wowereit sagte: "Wir sollten daran arbeiten, eine solide Regierung hinzukriegen, die tragfähig ist." Entspannt sei nichts. "Die CDU ist eine konservative Partei, die SPD eine linke."

Ratzmann sagt, an seiner Partei habe es nicht gelegen.

Ratzmann sagt, an seiner Partei habe es nicht gelegen.

(Foto: dapd)

Die Gespräche zwischen Grünen und SPD waren erfolglos eingestellt worden, weil beide Parteien sich nicht über den Ausbau der Berliner Stadtautobahn einigen konnten. Die Grünen wollten sie lediglich um ein kurzes Teilstück verlängern, die SPD über die derzeit geplante Länge von drei Kilometern. "Mangelnde Kompromissbereitschaft" hatte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) den Grünen daraufhin vorgeworfen. Die Grünen sahen den Streit über die A100 dagegen als "Vorwand", wie Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann sagte. Die SPD sei nicht bereit gewesen, "auf Augenhöhe" mit den Grünen zu verhandeln. "Rot-Grün ist nicht an drei Kilometern Autobahn gescheitert, sondern an Klaus Wowereit. Schade für Berlin, liebe SPD", schrieb Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke beim Kurznachrichtendienst Twitter. "Manchmal ist es so simpel: Das 'Spiel' hat er ja schon mal gespielt", sagte Lemke auf n-tv.de-Nachfrage.

Größere Mehrheit

Ein rot-schwarzes Bündnis hätte wesentlich mehr Stimmen im neuen Abgeordnetenhaus als Rot-Grün. Einem SPD/CDU-Senat stünden im Abgeordnetenhaus allerdings drei linke Oppositionsparteien gegenüber: Grüne, Linke und Piraten. Das erinnert an frühere Zeiten einer Großen Koalition in Berlin. Damals wurde die SPD zwischen dem konservativen Koalitionspartner und der Opposition von links immer weiter dezimiert. Im Vorfeld hatten sich die Berliner mit großem Abstand für Rot-Grün und gegen Rot-Schwarz ausgesprochen. 58 Prozent waren für ein rot-grünes Bündnis, nur 35 Prozent für eine Große Koalition. Rot-Rot fortgesetzt wollten nur 32 Prozent sehen.

Die SPD hatte nach der Wahl vom 18. September bereits mit der CDU sondiert. In den vergangenen knapp zehn Jahren hatte die SPD mit der Linken regiert. Wegen des schlechten Ergebnisses der Linken wies nun vieles auf eine rot-grüne Koalition hin. Bereits vor zwanzig Jahren hatte es in Berlin kurzzeitig eine rot-grüne Koalition gegeben, die aber im Streit auseinanderging. Die konstituierende Sitzung des Landesparlaments soll am 27. Oktober stattfinden.

Die Bundesvorsitzende der Grünen, Claudia Roth, sieht unterdessen die rot-grüne Option für den Bund durch das Scheitern der Koalitionsgespräche nicht als beschädigt an. "Nur wegen Klaus Wowereit gebe ich die Perspektive einer rot-grünen Koalition im Bund bestimmt nicht auf", sagte Roth der "Süddeutschen Zeitung". Zugleich übte sie scharfe Kritik an Berlins Regierendem: "Herr Wowereit hat nicht verstanden, was es bedeutet, einem potenziellen Koalitionspartner auf Augenhöhe zu begegnen", so Roth. "Ich glaube, Klaus Wowereit wollte gar keine rot-grüne Koalition in Berlin." Wowereit habe damit "unverantwortlich und gegen den Willen der Mehrheit in der Stadt und in seiner eigenen Partei gehandelt", sagte die Grünen-Chefin.

"Betonköpfe"

Die Stadtautobahn 100 endet derzeit an der Grenzallee.

Die Stadtautobahn 100 endet derzeit an der Grenzallee.

(Foto: dpa)

Die Entwicklung kommt auch beim sozialdemokratischen Nachwuchs nicht gut an: "Wir nehmen die Absage an eine Koalition mit den Grünen nicht einfach hin. Rot-Grün wäre die einzig mögliche Koalition für ein soziales und ökologisches Berlin gewesen – mit einem klaren Auftrag der Wählerinnen und Wähler und gleichzeitig Vorreiter für einen Wechsel im Bund 2013", so der Berliner Juso-Landesvorsitzende, Christian Berg. Deshalb sei die eigenmächtige Entscheidung der SPD-Spitze nicht hinnehmbar.

"Wenn die Parteispitze der SPD ernsthaft diese Koalition gewollt hätte, wären die Gespräche nicht an drei Kilometern Autobahn gescheitert. Deshalb kann auch diese Entscheidung nicht folgenlos bleiben." Wer mit der CDU koalieren wolle, müsse erklären, wie dann sozialdemokratische Sozial-, Gesellschaft und Innenpolitik umgesetzt werden solle.

Die Jusos Berlin fordern nun einen SPD-Parteitag ein, bevor weitere Entscheidungen getroffen werden. Dort müsse über die Konsequenzen des betonköpfigen Verhaltens von Klaus Wowereit und Michael Müller diskutiert werden.

Quelle: ntv.de, jmü/hdr/dpa/AFP/rts

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