Politik

Kompromiss soll Partei befrieden SPD diskutiert über Rente

Die SPD diskutiert über die einst selbst verabschiedete Reform der Rente mit 67. Parteichef Gabriel und der Fraktionsvorsitzende Steinmeier sind uneins. Jetzt schlägt Ex-Arbeitsminister Scholz einen Kompromiss vor. Das Papier könnte die parteiinternen Streitigkeiten sowie den Konflikt mit den Gewerkschaften beenden. Doch die Entscheidungsgewalt liegt woanders.

Ruhestand ja - aber wann?

Ruhestand ja - aber wann?

(Foto: dpa)

Die SPD überlegt, den für 2012 geplanten Einstieg in die Rente mit 67 auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Dies sieht ein Kompromissvorschlag vor, den der frühere Arbeitsminister Olaf Scholz nach Angaben aus der SPD in die parteiinterne Diskussion eingebracht hat. Die engere Parteiführung will darüber am 22. August beraten. Demnach soll auf die schrittweise Heraufsetzung des Rentenalters so lange verzichtet werden, bis ein größerer Anteil von Älteren auf dem Arbeitsmarkt auch tatsächlich Beschäftigung findet. Diese von SPD-Parteichef Sigmar Gabriel unterstützte Linie fand Rückhalt in der SPD, aber Widerspruch bei Experten.

Die SPD will damit den jahrelangen innerparteilichen Streit begraben, der auch das Verhältnis zu den Gewerkschaften belastet. Bereits einen Tag nach der internen Beratung will die Spitze der Sozialdemokraten ihre neue Linie im SPD-Gewerkschaftsrat mit DGB-Chef Michael Sommer und den Vorsitzenden der großen Einzelgewerkschaften besprechen. Ein Parteitag am 26. September soll dann den Kurswechsel beschließen. Für das geltende Recht bliebe dies aber wohl folgenlos, da die Bundestagsmehrheit von Union und FDP an der Rente mit 67 bisher festhält. Erst im November will die Bundesregierung einen Bericht vorlegen, ob die Arbeitsmarktlage für Ältere ein Festhalten an der Rente mit 67 erlaubt.

Uneinigkeit an der Spitze

SPD-Chef Gabriel hatte am Wochenende erklärt, die Rente mit 67 dürfe nicht eingeführt werden, "solange es uns nicht gelingt, tatsächlich den Anteil derjenigen zu erhöhen, die zwischen 60 und 64 Jahren arbeiten". Derzeit seien nur 35 Prozent dieser Altersgruppe noch erwerbstätig. Auch SPD-Präsidiumsmitglied Ralf Stegner sagte am Montag, wenn es nicht gelinge, die Erwerbstätigenquote der über 60-Jährigen deutlich zu steigern, "dann kann es die Rente mit 67 in dieser Form nicht geben".

Soll die SPD mit seinem Vorschlag auf Linie bringen: Olaf Scholz.

Soll die SPD mit seinem Vorschlag auf Linie bringen: Olaf Scholz.

(Foto: picture alliance / dpa)

Von den Gewerkschaften kamen prompt Signale der Zustimmung. Dass Gabriel "bereit ist, die Reform auf Eis zu legen, spricht für seinen politischen Instinkt", erklärte der Vorsitzende der Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Klaus Wiesehügel.

Scholz war von Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier beauftragt worden, einen Kompromissvorschlag auszuarbeiten. Einen endgültigen, abgestimmten Vorschlag gebe es aber noch nicht, hieß es aus der SPD. Demnach nennt Scholz in seinem Vorschlag keine konkrete Erwerbstätigenquote für Ältere, ab der die Rente mit 67 eingeführt werden sollte.

Der frühere Chef der Wirtschaftsweisen, Bert Rürup, hatte vor einer Verschiebung der Rente mit 67 gewarnt. Die Beschäftigungsquote der Älteren sei in den letzten fünf Jahren deutlich gestiegen, und zum anderen begünstige die demografische Entwicklung eine weitere Erhöhung. "Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter wird in den nächsten Jahrzehnten deutlich schneller zurückgehen als die Gesamtbevölkerung", sagte Rürup der "Passauer Neuen Presse".

Erwerbstätigkeit Älterer steigt stetig

Die Erwerbstätigkeit Älterer steigt seit Jahren an. Gabriel nannte am Sonntag veraltete Zahlen von 2008. Nach neueren Zahlen des Statistischen Bundesamtes waren 2009 schon 38,4 Prozent der 60- bis 64-Jährigen erwerbstätig. Vor zehn Jahren war nur jeder Fünfte zwischen 60 und 65 Jahren erwerbstätig. Dabei werden auch Mini-Jobs mitgezählt. Auch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung Älterer steigt aber stetig. Im Dezember 2009 waren nach letzten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) 24,8 Prozent der 60- bis 65-Jährigen sozialversicherungspflichtig beschäftigt - vier Jahre zuvor waren es nur 16 Prozent.

Nach geltendem Recht steigt das Renteneintrittsalter vom Jahr 2012 an für die Geburtsjahrgänge ab 1947 jährlich um einen Monat, so dass im Jahr 2023 das Eintrittsalter bei 66 Jahren läge. In den sechs Jahren darauf stiege der Rentenbeginn in Zwei-Monats-Schritten bis 2029 auf 67 Jahre. Das wäre dann in der Regel der frühestmögliche Beginn für eine Altersrente ohne Abschläge. Beschlossen worden war die Rente mit 67 von der großen Koalition im Jahr 2007, unter der Federführung des damaligen Arbeitsministers Franz Müntefering (SPD).

Quelle: ntv.de, rpe/rts

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