Politik

Koalition verschlampt neues Wahlrecht SPD erwägt Gang nach Karlsruhe

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(Foto: picture-alliance/ dpa)

Am 30. Juni endete die Frist für die Bundesregierung, ein neues Wahlrecht zu beschließen. Passiert ist bisher - nichts. Die SPD droht nun mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, falls es nicht bis zur nächsten Sitzungswoche des Parlaments zu einer Entscheidung kommt.

Die SPD hat der schwarz-gelben Koalition mit Blick auf das juristisch ungeklärte Wahlrecht mit einer Klage in Karlsruhe gedroht. Dies geht aus einem Brief von Thomas Oppermann, dem parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, an seinen Unions-Kollegen Peter Altmaier von der CDU hervor, aus dem die "Welt am Sonntag" zitiert.

Oppermann ruft dazu auf, die Beratungen über das Wahlrecht in der nächsten Sitzungswoche des Bundestages "endlich abzuschließen". Andernfalls werde die SPD "beim Bundesverfassungsgericht gegen Ihre Untätigkeit klagen". Der SPD-Politiker wirbt für einen "fraktionsübergreifenden Vorschlag für ein neues Wahlrecht" und mahnt an, "das Problem zu Überhangmandate zu lösen".

"Wir haben einen rechtsfreien Raum"

Oppermann moniert in dem zweiseitigen Schreiben: "In dieser Situation ist es nicht hinnehmbar, dass wir kein anwendbares Wahlrecht haben. Wir haben einen rechtsfreien Raum mitten in unserer Demokratie. Wenn es jetzt zu Neuwahlen kommt, ist die Wahl ungültig." Das Bundesverfassungsgericht müsse in diesem Fall den Bundestag auflösen, schreibt Oppermann und appelliert an die CDU/CSU-Fraktion: "So weit dürfen wir es nicht kommen lassen."

Die Union müsse auf ihren "machtpolitischen Sondervorteil im derzeitigen Wahlrecht" verzichten. Der Gesetzentwurf der Koalition gehe weder die Überhangmandate an noch das negative Stimmengewicht, er sei überdies "handwerklich schlecht gemacht".

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, kündigte im Falle von Neuwahlen eine juristische Initiative in Karlsruhe an: "Sollten angesichts der Handlungsunfähigkeit der Koalition vorgezogene Neuwahlen konkret drohen, werden wir mit einem Eilantrag eine einstweilige Anordnung des Verfassungsgerichts erbitten", teilte Beck mit. Das Gericht könne dann das Recht vorgeben, nach dem in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz gewählt werden dürfe.

Festhalten an Überhangmandaten

Das Bundesverfassungsgericht hatte den Gesetzgeber im Juli 2008 aufgefordert, die paradoxe Wirkung des sogenannten negativen Stimmengewichts zu beseitigen. Karlsruhe hatte dazu eine großzügige Frist bis zum 30. Juni 2011 gesetzt.

Union und FDP hatten sich erst Ende Juni auf einen gemeinsamen Entwurf für ein neues Wahlrecht verständigt. Gemäß der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts soll damit das Problem des negativen Stimmgewichts vermieden werden. An den umstrittenen Überhangmandaten will die Koalition aber festhalten und diese auch nicht durch Zusatzmandate für die übrigen Parteien ausgleichen.

Quelle: ntv.de, dpa

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