Auch Union will V-Leute abziehen SPD lobt "überfälligen" Beschluss
15.03.2012, 09:50 Uhr
Die SPD fordert schon lange, die V-Leute abzuschalten.
(Foto: dpa)
Die Innenminister von Bund und Ländern wollen ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD eröffnen. Dass die Unions-Innenminister dafür jetzt auch ihre V-Leute aus der Führungsebene der rechtsextremen Partei abziehen wollen, löst breite Zustimmung aus.
Die V-Leute in der NPD-Fühungsspitze waren eine Lebensversicherung für die rechtsextreme Partei. Davon ist zumindest der Vorsitzende des Neonazi-Untersuchungsausschusses im Bundestag Sebastian Edathy überzeugt. Die Entscheidung der Unions-Innenminister, sie abzuziehen, löst breite Zustimmung in seiner Partei aus. "Dieser Verzicht ist eine notwendige Bedingung für ein neues NPD-Verbotsverfahren" sagte er dem "Handelsblatt".
Laut dem SPD-Politiker hat sich die NPD seit Jahren "systematisch der gewaltbereiten rechten Szene geöffnet und regelrechte Bündnisse mit Neonazis geschlossen". Die Entscheidung der Unions-Innenminister ist auch laut der Generalsekretärin der SPD Andrea Nahles ein wichtiger, wenn auch überfälliger Schritt. "Dass es jetzt so kommt, das wir die Voraussetzung schaffen, das freut mich sehr."
Einige Unions-Innenminister äußerten sich bisher immer wieder skeptisch bis ablehnend zu einem Verzicht auf V-Leute. Jetzt wollen sie bei ihrem nächsten Treffen am 22. März mit einem V-Leute-Beschluss den Abzug der Informanten in der NPD-Führungsebene noch in diesem Frühjahr besiegeln.
Für den CDU-Innenexperten Wolfgang Bosbach ist ein NPD-Verbotsverfahren jetzt ausgemachte Sache. "Der Zug rollt unaufhaltsam in diese Richtung", sagte er der "Rhein-Neckar-Zeitung". Komme der Verbotsantrag nicht, "wäre das aus Sicht der NPD eine Niederlage des Staates".
Gewaltpotenzial der NPD schwer zu belegen

Ein Ermittlungen in Bad Neuenahr-Ahrweiler nach der Razzia im sogenannten "Braunen Haus".
(Foto: dapd)
Schwierig wird es laut Bosbach aber, das aggressiv-kämpferische Verhalten der rechtsextremen Partei nachzuweisen. War die NSU der militante Arm der NPD? Im Innenausschuss gab nach Angaben Bosbachs zuletzt Zweifel, dass sich diese Verbindungen beweisen lässt: "Hier müssen noch weitere Ermittlungen durchgeführt werden."
Immerhin legten die jüngsten Ermittlungsergebnisse den Schluss nahe, dass es enge Verknüpfungen zwischen den NSU-Gewalttaten und der NPD gegeben habe, sagte Bosbach. Zumindest habe die NPD "den geistigen Nährboden für derartige Schwerverbrechen bereitet".
Die Diskussion über ein NPD-Verbot kam erneut auf, als im Herbst vergangenen Jahres bekannt wurde, dass eine Neonazi-Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) aus Zwickau neun Migranten und eine Polizistin tötete und dessen Morde und mögliche Verwicklungen in der Öffentlichkeit ausgebreitet wurden.
Die Ermittler suchten in den vergangenen Monaten auch nach Querverbindungen des NSU zum politischen Arm ihrer rechtsradikalen Gesinnung, der NPD. Sie fanden kaum Anhaltspunkte dafür. Vor wenigen Tagen aber gab der NPD-Bundesvize Frank Schwerdt zu, dass das NSU-Mitglied Uwe Mundlos für ihn arbeitete. Zudem war Schwerdt zumindest flüchtig auch mit Beate Zschäpe bekannt.
Razzien passen ins Bild
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann koordiniert derzeit den Kurs der unionsregierten Bundesländer. Der CDU-Politiker sagte der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung": "Wir sollten die V-Leute unverzüglich aus den Führungsetagen der NPD abziehen." Dies sei eine der wesentlichen Voraussetzungen für ein Verbot der Partei. Passenderweise durchsuchten Ermittler tags zuvor in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Thüringen Unterkünfte von insgesamt 33 Personen. 300 Einsatzkräfte waren beteiligt. Sie sollten Beweismaterial sammeln – denn Schünemann gab freimütig Auskunft über den geplanten Zeitrahmen.
Der Niedersachse erwartet, dass die Innenminister in einem halben Jahr über einen neuen Verbotsantrag entscheiden werden: "Im Herbst 2012 wird das Ganze ernst." Die Behörden müssten bis dahin neue Beweise sammeln, so Schünemann. Und zwar solche, die nicht wegen Mitwirkung von V-Leuten an führender Stelle juristisch fragwürdig sei. Dann werde geprüft, ob das für ein neues Verbotsverfahren gegen die rechtsextremistische Partei ausreiche. "Denn ein erneutes Scheitern vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe wäre für unseren Staat der Super-GAU", ist er überzeugt.
Im Jahr 2003 war ein Verbot der NPD daran gescheitert, dass sich V-Leute des Verfassungsschutzes in Führungskreisen der Partei befanden. Die Verfassungsrichter hatten deswegen den Verbotsantrag abgelehnt.
Quelle: ntv.de, rpe/dpa/AFP/rts