Umfragen aus Staatskanzlei finanziert SPD schwärzt CSU an
04.08.2010, 15:50 UhrDie bayrische SPD wirft der CSU vor, bei Aufträgen für Meinungsumfragen Partei- und Staatsinteresse vermengt zu haben. Fraktionschef Rinderspacher spricht von "verdeckter Parteienfinanzierung". Die Münchner Regierungszentrale sieht sich im Recht.

Rinderspacher vor dem bayrischen Landtag.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die bayerische Staatskanzlei hat aus Steuergeldern an den Parteiinteressen der CSU orientierte Umfragen finanziert. Das geht aus Papieren hervor, die die Landtags-SPD ans Licht der Öffentlichkeit brachte. In "Resonanzstudien" der Jahre 2008 und 2009 gab das Hamburger Meinungsforschungsinstitut GMS mehrere klar CSU-orientierte Empfehlungen ab.
Der Koalitionspartner FDP reagiert verärgert, will aber einen neuen großen Krach vermeiden. Die Münchner Staatskanzlei weist die Vorwürfe als "Unterstellung" zurück.
SPD droht mit Anzeige
Die SPD hält diese Art von Umfrage im Auftrag der Staatskanzlei für rechtswidrig und will die Christsozialen bei Bundestagspräsident Norbert Lammert wegen eines vermuteten Verstoßes gegen das Parteiengesetz (CDU) anzeigen. "Das ist verdeckte Parteienfinanzierung", warf Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher der CSU vor.
Die Gesamtkosten der insgesamt drei bekannt gewordenen Umfragen beliefen sich nach SPD-Angaben auf 108.000 Euro. Das Meinungsforschungsinstitut GMS analysierte im Januar 2009 unter anderem, dass eine Rückkehr der CSU zur absoluten Mehrheit höchstens mittelfristig erreichbar sei. "Daher sollten bei anstehenden Wahlen Diskussionen um konkrete Zahlen vermieden werden", empfahlen die Demoskopen. Unter anderem legten die Demoskopen der CSU im Januar 2009 Konflikte mit dem Koalitionspartner FDP nahe: "Die Fokussierung in der politischen Auseinandersetzung sollte auf SPD und Grüne, eventuell auch die FDP erfolgen, um die Freien Wähler nicht aufzuwerten", hieß es bei der Präsentation am 26. Januar 2009.

Lässt sich Seehofers Partei Umfragen aus der Staatskasse finanzieren?
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Staatskanzlei hält die Umfragen für legitim. "In einer von den Parteien geprägten parlamentarischen Demokratie ist es das Recht einer Regierung, auch mit Hilfe demoskopischer Mittel zu untersuchen, wie ihre Politik und ihre Problemlösungskompetenz in der Bevölkerung - auch im Vergleich mit den Parteien, die jeweils die Opposition bilden - wahrgenommen werden und wie sich das Meinungsbild der Bevölkerung zu bedeutsamen politischen Themen darstellt", hieß es in einer Stellungnahme.
FDP ist "irritiert"
"Umfragen, die der Steuerzahler bezahlt, können nicht in einem Resümée für eine Partei enden", kritisierte Karsten Klein, der Vizefraktionschef der FDP im Landtag. Der Vorgang sei "etwas irritierend". Klein betonte aber auch, dass es in diesem Jahr seines Wissens keine neue Umfrage gebe. "Wir glauben, dass ein Umdenken stattgefunden hat." In der Antwort der Staatskanzlei auf Rinderspachers Anfrage heißt es, die Umfragen dienten der "längerfristig angelegten Vorbereitung von Entscheidungen" der Staatsregierung. Die FDP wusste aber nach Kleins Angaben nichts von der Umfrage des Jahres 2009, obwohl sie damals schon an der Regierung beteiligt war.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und die damals noch regierende große Koalition - an der die CSU beteiligt war - gerieten ins Visier. "Begrenzte Abkoppelungs- und Konfliktstrategien mit der Bundesebene sind weiterhin sinnvoll", empfahl damals der Meinungsforscher Helmut Jung. "Offensichtlich macht sich die CSU den Staat zur Beute", unterstellt Rinderspacher deswegen der CSU.
SPD sieht Neutralitätsverletzung
Die SPD und ihr Anwalt Michael Bihler berufen sich bei ihren Vorwürfen gegen die CSU auf das Bundesverfassungsgericht, das den Staatsorganen parteipolitische Neutralität vorschreibt. "Die CSU missbraucht Steuergelder für die Vorbereitung ihrer eigenen Wahlkämpfe", erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD im Bundestag, Thomas Opperman. "Das werde ich im Ältestenrat des Bundestages ansprechen."
Ursprünglich wollte die Staatskanzlei die Umfragen nicht an die SPD herausgeben. Rinderspacher und seine Parteifreunde reichten deswegen Klage beim bayerischen Verfassungsgerichtshof ein, um die Veröffentlichung der Studien zu erzwingen. Inzwischen hat die Staatskanzlei die Papiere zwar übermittelt, doch die Klage soll weiter laufen. Rinderspacher will jetzt im Grundsatz klären lassen, ob die Staatsregierung ihre Umfragen veröffentlichen muss.
Quelle: ntv.de, dpa