Politik

DGB sieht große Probleme SPD zufrieden mit Hartz IV

Fünf Jahre gibt es nun Hartz IV. Für manche ist die Reform gelungen, für andere nicht. Die SPD steht zu ihr. Die Bundesagentur für Arbeit sieht noch Defizite.

Hartz IV: Leben mit wenig Geld.

Hartz IV: Leben mit wenig Geld.

Fünf Jahre nach Einführung der Hartz-IV-Reformen hat der stellvertretende SPD-Fraktionschef und frühere Generalsekretär Hubertus Heil die damalige "Agenda 2010" im Grundsatz verteidigt. "Die Grundlinien waren richtig", sagte er der "Berliner Zeitung". Die Reformen hätten die Sozialsysteme stabilisiert und die Arbeitslosigkeit bis zur Finanzkrise massiv gesenkt. "Das heißt nicht, dass jede einzelne Maßnahme richtig war", räumte Heil ein. So sei der Hartz-IV-Regelsatz für Kinder falsch bemessen und müsse geändert werden.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund stellt der Hartz-IV-Reform indes ein verheerendes Zeugnis aus. Weder seien durch die Reform mehr Arbeitslose in Beschäftigung gekommen, noch seien sie besser betreut worden. "Das Plus bei der Erwerbstätigkeit lässt sich nicht auf Hartz IV zurückführen, sondern auf konjunkturelle Effekte", sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der Zeitung "Die Welt".

Die Hartz-Gesetze hätten mit ihren drastischen Zumutbarkeitsregeln "atypischen Beschäftigungsverhältnissen" Tür und Tor geöffnet. Statt zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen, seien Arbeitnehmer mit regulären Arbeitsstellen unter Druck gesetzt worden. In einer Analyse, die der "Welt" vorliegt, kritisiert der DGB, dass Hartz IV als Rasenmäher wirke. Unterschiedliche Erwerbsbiografien würden alle auf dem gleichen niedrigen Niveau eingeordnet.

In der Summe weise Hartz IV keine faire Balance von Fördern und Fordern auf, urteilt der DGB. "Auf individuelle Förderung, die auf nachhaltige Eingliederung in den Arbeitsmarkt setzt, warten Arbeitslose im Hartz-IV-System noch immer vergeblich", sagte Buntenbach. Weiterhin dominiere die Philosophie von Schnell-und- billig-Vermittlungen. Nach spätestens drei Monaten falle ein Viertel wieder zurück in Hartz IV.

BA übt Selbstkritik

Laut Bundesagentur für Arbeit ist das Potential der Reform noch längst nicht ausgeschöpft. So gebe es bei den Vermittlern in den Jobcentern noch Qualifizierungsbedarf. "Wir haben noch immer zu wenige Kolleginnen und Kollegen, die als Fallmanager zertifiziert sind", sagte BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt. Er bezog sich auf die Kritik von Arbeitsmarktforschern, die den Jobcentern eine unzureichende individuelle Betreuung vorgeworfen hatten.

Gab der Reform seinen Namen: Peter Hartz.

Gab der Reform seinen Namen: Peter Hartz.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

In den Jobcentern brauche es "sensible Kolleginnen und Kollegen, die die soziale Infrastruktur kennen, die mit schwierigen Lebenssituationen von Menschen umgehen können, denen es im besten Fall gelingt, mit ihnen ein Arbeitsbündnis abzuschließen". In manchen Fällen sei die Integration in ein normales Arbeitsleben allerdings eine Herausforderung, gab Alt zu bedenken. "Wir haben es auch mit Menschen zu tun, die seit vielen Jahren keinen Arbeitsplatz mehr hatten oder noch nie abhängig beschäftigt waren."

Allerdings seien die Weichen gestellt, um die Betreuung von Langzeitarbeitslosen zu verbessern. So habe man sich in der Beratung und Vermittlung von Arbeitssuchenden bereits umgestellt. Alt: "Wir wollen die Talente der Menschen suchen und nicht ihre Defizite. Wir wollen nicht wissen, was fehlt, sondern worauf wir aufbauen können." So gebe es Hartz-IV-Empfänger, die aufopfernd und mit großer Zuwendung ihre Eltern oder Verwandte pflegen. "Und wir haben auch viele Angebote im sozialen Bereich", sagte Alt. Das seien Potenziale, wo die Jobcenter ansetzen könnten.

Bei alleinerziehenden Frauen wiederum scheitere eine Job-Vermittlung neben der fehlenden Qualifizierung auch an der fehlenden oder unflexiblen Kinderbetreuung. Das Problem sei, dass sich viele Kindertagesstätten noch immer an den klassischen Arbeitszeiten - nämlich zwischen 8 und 17 Uhr - orientierten. Was aber mache eine alleinerziehende Verkäuferin mit ihrem Kind, wenn sie samstags erst nach 20 Uhr Feierabend habe. "Wir müssen deshalb gemeinsam mit unseren kommunalen Partnern klären: Wie können wir die Kinderbetreuung an die erheblich flexibilisierten Strukturen unserer Gesellschaft anpassen?", sagte Alt.

Quelle: ntv.de, dpa

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