Lob von OSZE-Beobachtern Saakaschwili in Georgien vorn
06.01.2008, 07:38 UhrBei der vorgezogenen Präsidentenwahl in Georgien hat der umstrittene Staatschef Michail Saakaschwili mit großer Wahrscheinlichkeit die absolute Mehrheit der Stimmen erhalten. Kurz vor Mitternacht (Ortszeit) teilte die Wahlleitung in Tiflis mit, ein solches Ergebnis sei "ziemlich wahrscheinlich". Nach Auszählung der Stimmen aus der Hälfte der Wahllokale lag Saakaschwili bei 52,8 Prozent, wie die Agentur Interfax meldete. Zwischenzeitlich hatte er unter der 50-Prozent-Marke gelegen. Ohne absolute Mehrheit müsste Saakaschwili in frühestens zwei Wochen zu einer Stichwahl gegen Oppositionskandidat Lewan Gatschetschiladse (27 Prozent) antreten.
In Tiflis warfen 10 000 Demonstranten am Sonntag, dem Tag nach der Wahl, der Staatsführung grobe Wahlfälschungen vor. Die Oppositionsführung erklärte, sie werde einen Sieg des als autoritär kritisierten Saakaschwili nicht anerkennen. Der Fälschungsvorwurf wurde von internationalen Wahlbeobachtern in dieser Schwere nicht bestätigt. Saakaschwilis Herausforderer, der Abgeordnete und Weinunternehmer Gatschetschiladse, rief zu weiteren Protesten am Dienstag auf, dem Tag nach dem orthodoxen Weihnachtsfest.
Erfolg trotz Sympathieverlusten
Saakaschwili hatte vor zwei Monaten Oppositionsproteste niederschlagen lassen und damit eine Dauerkrise ausgelöst, die er mit der vorgezogenen Präsidentenwahl lösen wollte. Nach Wählerbefragungen zeigte sich der Präsident bereits in der Wahlnacht zuversichtlich, dass er trotz dramatischer Sympathieverluste im Vergleich zur Wahl 2004 erneut die absolute Mehrheit erhielt. Vor vier Jahren hatte Saakaschwili nach der so genannten Rosenrevolution offiziell knapp 96 Prozent der Stimmen bekommen.
Positives Urteil über die Wahl
Wahlbeobachter bemängelten die langsame Auszählung der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 57 Prozent. Ein vorläufiges amtliches Endergebnis wurde für Montag erwartet. Internationale Beobachter fällten ein insgesamt positives Urteil über die Abstimmung. Erstmals hätten die Georgier eine wirkliche Auswahl zwischen Kandidaten gehabt, sagten Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Gleichwohl gebe es Missstände, wie etwa die Einschüchterung von Wählern, die möglichst schnell beseitigt werden müssten. Das russische Außenministerium erklärte, das OSZE-Urteil sei übertrieben positiv ausgefallen.
Saakaschwili sagte in der Wahlnacht, dass ihm eine zweite Amtszeit "Ehre und Verantwortung" bedeute. Er wolle ein Präsident aller Georgier sein und strecke seine Hand auch jedem politischen Gegner aus, der seinem Land dienen wolle. "Gemeinsam mit Ihnen werde ich mein Bestes tun, um ein (...) noch demokratischeres Georgien aufzubauen, ein vereintes Georgien ohne Armut", betonte Saakaschwili. Sein Herausforderer Gatschetschiladse reklamierte den Sieg hingegen für sich. Saakaschwili betrüge sein Volk, sagte der 43-Jährige.
Saakaschwili war am Samstag als Favorit gegen seine sechs Kontrahenten in die Wahl gegangen. Der in den USA promovierte Jurist hatte nach der friedlichen Rosenrevolution das Präsidentenamt vom damaligen Staatschef Eduard Schewardnadse übernommen. Die Georgier stimmten am Samstag auch nicht bindend über einen möglichen NATO- Beitritt ihres Landes ab. Nachwahlbefragungen ergaben in dem Stimmungstest eine Zustimmung von rund 61 Prozent.
Quelle: ntv.de