Hartz-IV-Abstimmung Saar-Grüne wackeln
10.02.2011, 14:10 Uhr
Wo bitte geht es zur Hartz-Reform? Vielleicht haben die Saar-Grünen die Antwort.
(Foto: dapd)
Hinter den Kulissen glühen die Drähte: Die schwarz-gelbe Koalition rechnet zwar nicht mit einer Zustimmung des Bundesrates zu ihrer Hartz-IV-Reform, hofft aber darauf. Mit gutem Grund? Die Saar-Grünen, an denen viel hängt in dieser Frage, wollen nochmal in sich gehen. Es habe schließlich Bewegung gegeben, so der saarländische Grünen-Chef.
Eine Zustimmung des Saarlandes zu den umstrittenen Hartz-IV-Plänen der schwarz-gelben Bundesregierung am Freitag im Bundesrat ist wieder offen. Der Landesvorstand der Saar- Grünen will nochmals über das Angebot der Bundesregierung in den Verhandlungen mit der Opposition beraten. Es gebe "minimale Bewegung" in Sachen Mindestlohn, sagte der saarländische Grünen-Chef Hubert Ulrich. Es bleibe aber fraglich, ob diese für eine Zustimmung zu dem Gesetzespaket ausreichten.
Das Saarland könnte bei der Abstimmung in der Länderkammer den Ausschlag geben. Nach dem Koalitionsvertrag enthält sich die Jamaika-Regierung aber im Bundesrat immer dann, wenn einer der Regierungspartner von CDU, FDP und Grünen eine Zustimmung ablehnt. Alle bisher bekanntgewordenen Angebote bei den Hartz-IV-Verhandlungen in Berlin haben die Saar-Grünen als unzureichend abgelehnt. Beim Thema gleicher Lohn für gleiche Arbeit in der Leiharbeit hatte die schwarz-gelbe Bundesregierung angeboten, eine Kommission einzusetzen, die Vorschläge dazu machen soll, falls sich die Tarifpartner nicht innerhalb eines Jahres einigen.
Merkel rechnet mit Nein

Langzeitarbeitslose und ihre Kinder müssen weiter auf Extra-Geld und Zuschüsse für Sport, Nachhilfe und Mittagessen warten.
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Für die Regierung ist ein Nein der Länderkammer der wahrscheinlichste Fall. "Die Bundesregierung kennt die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat und weiß, dass mit einer Zustimmung nicht zu rechnen ist", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
FDP-Generalsekretär Christian Lindner hat die Ministerpräsidenten der Länder davor gewarnt, die Hartz-IV-Reform im Bundesrat scheitern zu lassen. "Das Angebot liegt jetzt auf dem Tisch. Und wenn es jetzt nicht angenommen wird, werden die Bedingungen nächstes Mal andere sein", sagte Lindner dem "Hamburger Abendblatt". Es gehe um ein Bildungspaket für Kinder und insgesamt zwölf Milliarden Euro für die klammen Kommunen. "Wenn es die Ministerpräsidenten damit ernst meinen, dass sie ihren Kommunen helfen wollen, sollten sie hier nicht ablehnen", fügte der FDP-Generalsekretär hinzu.
Der Verhandlungsführer der Grünen, Fritz Kuhn, warf der Bundesregierung vor, mehrere Länder mit finanziellen Mitteln auf ihre Seite ziehen zu wollen. Die Regierung scheine zu versuchen, "das eine oder andere Bundesland rauszukaufen, um im Bundesrat eine Mehrheit für ihr Paket zu bekommen", sagte der Fraktionsvize. Es gehe dabei nicht nur um das Saarland, sondern auch um Länder wie Sachsen-Anhalt, Thüringen und Nordrhein-Westfalen. Aufgrund vieler Gespräche mit Politikern aus diesen Ländern sei er aber zuversichtlich, dass es der Regierung nicht gelingen werde, ein Land auf ihre Seite zu ziehen.
"Wackelkandidaten" kippen nicht
Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer (CDU), machte bereits deutlich, dass sein Land im Bundesrat nicht gegen den Willen der mitregierenden SPD für die Pläne stimmen wird. Er werde sich im Bundesrat nicht über die Absprachen mit seinem Koalitionspartner SPD hinwegsetzen, sagte Böhmer der "Süddeutschen Zeitung". Die finanziellen Offerten aus Berlin zur Entlastung der Kommunen seien zwar verlockend. Dies ändere aber nichts an dem Grundsatz: "Wer in einer Regierung gemeinsam Verantwortung trägt, muss auch gegenseitig berechenbar bleiben." Auch aus Thüringen kamen entsprechende Signale. Man werde sich bei der Abstimmung enthalten, so der thüringische Regierungssprecher Peter Zimmermann.
Auch die SPD-regierten Länder Berlin, Bremen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz werden den Hartz-IV-Vorschlägen ihre Stimme verweigern. Das rot-schwarz regierte Mecklenburg-Vorpommern, Heimat der SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig, will ebenfalls nicht zustimmen.
Die Hartz-IV-Gespräche zwischen Regierung und Opposition waren in der Nacht zu Mittwoch gescheitert. Der Vermittlungsausschuss nahm daraufhin mehrheitlich den geänderten Gesetzentwurf der Koalition an, der nun am Freitag zunächst im Bundestag und dann im Bundesrat zur Abstimmung gestellt wird. In der Länderkammer hat die Koalition jedoch keine Mehrheit.
Koalition geht eigenen Weg
Sollte die Reform scheitern, wollen Union und FDP weite Teile des Gesetzespaketes auch ohne die SPD in Kraft setzen. Der Bundestag werde dann alle nicht zustimmungspflichtigen Vorhaben zügig beschließen, kündigte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt in der "Augsburger Allgemeinen" an. Dazu gehörten unter anderem der Mindestlohn für die Leiharbeiter und die versprochenen Entlastungen für die Kommunen.
Unterdessen hat der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Michael Sommer, in Aussicht gestellt, dass der DGB mögliche Klagen von Gewerkschaftsmitgliedern unterstützen wolle. "Das Verfahren der Bundesregierung ist verfassungswidrig und wir werden uns nicht scheuen, das vom Bundesverfassungsgericht noch einmal bestätigen zu lassen", heißt es in einem Schreiben an Mitarbeiter seiner Organisation. Zudem gab Sommer der schwarz-gelben Koalition die Schuld am Scheitern der Hartz-IV-Verhandlungen. "Ich bedauere dieses Scheitern zutiefst, weil die Bundesregierung wieder einmal Fortschritte bei der Bekämpfung von Niedriglöhnen und Armut blockiert hat", zitiert ihn die "Passauer Neue Presse".
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts