Politik

Rappender Milliardär, poppiger Tadschike Sängerkrieg auf Russisch

"Wir sind ein Siegervolk", sagt Putin auf einer Wahlkampfveranstaltung. Zumindest musikalisch sind die Russen ganz weit vorne.

"Wir sind ein Siegervolk", sagt Putin auf einer Wahlkampfveranstaltung. Zumindest musikalisch sind die Russen ganz weit vorne.

(Foto: REUTERS)

Ist Putin ein Psychopath oder ein Gottgesandter? Zumindest auf Youtube ist diese Frage noch ungeklärt. Gegner und Anhänger tragen dort einen Song-Contest aus. Ehemalige Fallschirmspringer führen die Hitparade mit einem Anti-Putin-Song souverän an. Doch das Imperium schlägt zurück: mit Ethno-Stampf-Pop und singenden Großmüttern.

Tolibdschon Kurbanchanow ist sich ganz sicher: "Er ist ein Gottgesandter", haucht der Tadschike in seiner Hymne auf Wladimir Putin. Und diese Meinung hat er nicht exklusiv. Mehr als eine Million Mal wurde sein poppiger Lobgesang auf Youtube aufgerufen. Das liegt zuallererst an der eingängigen Melodie, doch auch der subtile Titel überzeugt: "WWP". Diese drei Buchstaben stehen nicht nur für Wladimir Wladimirowitsch Putin, sondern auch für das Bruttoinlandsprodukt.

"WWP rettete das Land. WWP schützte es. WWP richtete das Land wieder auf und entwickelte alles weiter. WWP rettete das Volk", schmettert der Musiker. Das klingt nach vertonter Wahlkampfrede des Premiers mit leicht nordkoreanischem Einfluss, der Clip versucht aber nicht zuletzt auch durch Fotos von Wladimir Putin zu punkten. Auf einem ist er mit dem ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder zu sehen, der Russlands starken Mann bekanntlich als lupenreinen Demokraten sieht.

Großmütter für Putin

Ganz auf Putin-Kurs sind auch drei ältere Damen, die als "Goldene Omis" versuchen, mit bemüht ironischer Hip-Hop-Ästhetik Stimmung für den starken Mann Russlands zu machen. "Putin ist gut. Ich sehe niemanden außer ihm, der wählbar ist", singen sie beschwingt während einer Autofahrt durch das nächtliche Moskau. Auf Youtube ist der Song ein Hit, auch er wurde mehr als eine Million Mal angeklickt.

Gegen diese geballte Wucht sind selbst gestandene Liedermacher ohne Chance. Die russischen Stars Alla Pugatschowa und Alexej Makarewitsch singen zwar tapfer, landen aber weit abgeschlagen hinter den Volltreffern des Putin-Lagers. "Wenn ein Psychopath auf den Thron kommt, ist das kein Land, sondern ein Irrenhaus", heißt es in ihrem im traditionellen Stil und etwas bieder daherkommenden Song, der auf Youtube rund 300.000 Mal aufgerufen wurde.

Besser macht es die Frauen-Punkband "Pussy Riot". Sie trägt ihren Protest gegen Putin bis vor die Mauern des Kreml. Ihr Video zeigt, wie sie vermummt den Roten Platz rocken. "Putin ist abgeschafft! Aufstand in Russland!", singen sie. Davon ist auf dem Clip allerdings nichts zu sehen. Am Ende beenden Polizisten den Kurzauftritt. Der Lohn der Mühe: immerhin mehr als eine halbe Million Aufrufe.

Prochorow rappt

Um gegen die Hits des Putin-Lagers anzukommen, bedarf es offensichtlich gestandener Männer. Ehemalige Fallschirmjäger schleudern Putin ihre Wut entgegen. "Acht Jahre Präsident, jetzt wieder Kandidat, schau uns in die Augen: Gib es auf, dein Mandat", singen sie in einem knapp vierminütigen, erdigen Lied, welches zur Hymne der Demonstrationen für faire Wahlen werden könnte. "Du bist ein gewöhnlicher Beamter, kein Zar und kein Gott", stellen die muskulösen, tätowierten Ex-Elitekämpfer fest. Der Clip verbreitete sich in Windeseile im Internet, er wurde mehr als 1,3 Millionen Mal angeklickt. Bei einer Kundgebung gegen Putin am 4. Februar in Moskau hatten die Männer einen umjubelten Auftritt.

Ganz weit vorne liegt auch der Milliardär Michail Prochorow, der gegen Putin antritt. Er nimmt sich Barack Obama zum Vorbild und geht beherzt mit einem eigenen Song ins Rennen. Am Ende eines Auftritts im russischen Fernsehen wird er von den Moderatoren zum Rappen überredet. Eine so gute Figur wie der US-Präsident macht er zwar nicht, sein Stil erinnert nur entfernt an Eminem. Er ähnelt eher Vanilla Ice. Doch beim Publikum punktet er dennoch eindrucksvoll. Für die Präsidentschaftswahlen wird es allerdings nicht reichen. Dort ist der erste Platz bereits vergeben.

Quelle: ntv.de

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