Politik

Zehntausende feiern im Jemen Saleh in Riad operiert

Demonstranten mit einem bemalten Plakat Salehs.

Demonstranten mit einem bemalten Plakat Salehs.

(Foto: REUTERS)

Der bei einem Anschlag verletzte jemenitische Machthaber Saleh trifft zur medizinischen Behandlung in Saudi-Arabien ein. Offenbar steckt ein Schrapnell in der Herzgegend des 69-Jährigen. Eine erste OP verläuft erfolgreich. Die Protestler feiern ausgelassen, die Opposition will eine Rückkehr in den Jemen verhindern, doch Saleh denkt nicht an einen Rücktritt.

Der bei einem Anschlag schwer verletzte jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh hat sein von blutigen Protesten erschüttertes Land verlassen. Nach Angaben des saudischen Königshofs reiste der 69 Jahre alte Machthaber zur medizinischen Behandlung in das Nachbarland Saudi-Arabien. Salehs Stellvertreter Abed Rabbo Mansur Hadi übernahm vorübergehend die Amtsgeschäfte. Er traf sich umgehend mit US-Botschafter Gerald Feierstein. Bei erneuten Kämpfen starben in Tais unterdessen mehrere Menschen.

Menschen in Tais feiern, dass Saleh das Land verlassen hat - vorerst.

Menschen in Tais feiern, dass Saleh das Land verlassen hat - vorerst.

(Foto: AP)

Auf den Straßen feierten zehntausende Oppositionelle die Ausreise des verhassten Präsidenten. Sie riefen in der Hauptstadt Sanaa: "Das Volk hat das Regime gestürzt." Viele Menschen organisierten spontane Festessen und opferten Schafe. Auch in anderen Städten wurde gefeiert. Das Staatsfernsehen sendete dagegen Durchhalteparolen zur Unterstützung der Regierung. Regierungsvertreter betonten jedoch, Saleh wolle bereits in wenigen Tagen in den Jemen zurückkehren. Die parlamentarische Opposition erklärte dagegen, alles tun zu wollen, um eine Rückkehr Salehs zu verhindern.

Wie der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira in der Nacht unter Berufung auf eine Erklärung des Königshofs mitteilte, wurde Saleh von ebenfalls verletzten Offiziellen und Politikern begleitet. Auch einige Verwandte sollen mitgeflogen sein. Saleh sei gegen Mitternacht angekommen, berichteten saudische Medien. Nach der Ankunft sei er in ein Militärkrankenhaus in Riad gebracht worden, hieß es. Dort wurde er bereits zweimal erfolgreich operiert. Ihm sei ein Granatsplitter aus der Brust entfernt worden, außerdem habe er sich einem neurochirurgischen Eingriff am Hals unterziehen müssen. Als dritte Operation sei ein ästhetisch-plastischer Eingriff geplant. Nach "zwei Wochen Erholung" werde Saleh dann nach Sanaa zurückkehren, hieß es weiter.

Splitter am Herzen und Brandverletzungen

Nach der Explosion einer Granate stecke in der Herzgegend des 69-Jährigen Saleh ein 7,6 Zentimeter langer Munitionssplitter, berichtete der britische Rundfunksender BBC unter Berufung auf Regierungskreise. Zudem soll er größere Brandverletzungen im Brustbereich und Gesicht davongetragen haben. Nach dem Anschlag auf die Moschee neben dem Präsidentenpalast am Freitag, dem insgesamt elf Menschen zum Opfer gefallen sein sollen, hatte es zunächst geheißen, dem Präsidenten gehe es gut. Er sei lediglich von einem Granatsplitter am Kopf gestreift worden.

Schleppende Stimme, schwere Atmung: Jemens Machthaber Saleh bei seiner Audiobotschaft nach dem Attentat.

Schleppende Stimme, schwere Atmung: Jemens Machthaber Saleh bei seiner Audiobotschaft nach dem Attentat.

(Foto: Reuters)

Der Präsident hatte sich nach der Attacke mit einer Audiobotschaft an sein Volk gewandt. Er sei wohlauf und es gehe ihm gut, sagte Saleh. Allerdings war deutlich zu hören, dass er schleppend sprach und schwer atmete. Zu dem Anschlag hat sich bislang niemand bekannt. Salehs Getreue hatten erst den Al-Ahmar-Clan, der sich mit der Protestbewegung solidarisiert hat, beschuldigt. Später hieß es, Al-Kaida-Terroristen hätten den Anschlag verübt.

Die Opposition fordert seit Monaten mit Massendemonstrationen den Rücktritt des seit 1978 herrschenden Präsidenten. In mehreren Städten im Jemen feierten Regimegegner die Ausreise Salehs. Die Demonstranten sangen auf den Straßen, berichtete die Aktivistin Shatha al-Harazi. "Die Menschen sehen diesen Schritt als einen Sieg", sagte sie. Saleh hatte nach Vermittlung der Golfstaaten zwar bereits mehrfach einen geordneten Machtwechsel versprochen, jedoch kurzfristig immer wieder einen Rückzieher gemacht. Der Golf-Kooperationsrat brach daraufhin seine Vermittlungsversuche ab.

Deutsche Botschaft schließt

In der Stadt Tais kam es unterdessen laut Berichten lokaler Medien erneut zu blutigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Angehörigen der Sicherheitskräfte. Die 33. Panzerdivision der jemenitischen Armee soll unterdessen zur Opposition übergelaufen sein. Das erklärte ein General in Tais, nachdem sich die Einheit geweigert hatte, auf Demonstranten zu schießen. Auch in Sanna waren anhaltende Schüsse zu hören. Seit Tagen liefern sich dort Regierungstruppen und Kämpfer des mit Saleh verfeindeten Haschid-Stamms heftige Gefechte. Bei den Protesten, die vor vier Monaten begonnen hatten, wurden bereits hunderte Menschen getötet.

Flüchtlinge verlassen die Hauptstadt Sanaa.

Flüchtlinge verlassen die Hauptstadt Sanaa.

(Foto: REUTERS)

Angesichts der ausufernden Gewalt in dem Stammeskrieg hat das saudische Königshaus nach Angaben des arabischen Fernsehsenders Al-Arabija eine einwöchige Waffenruhe vermittelt. Wie der unabhängige jemenitische Sender Suheil TV berichtete, sicherten die Stammesführer die Einhaltung einer Waffenruhe zu.

Zuvor hatten weitere Staaten ihre Diplomaten aus der umkämpften Hauptstadt Sanaa abgezogen. Auch Deutschland schloss vorübergehend seine Botschaft. Außenminister Guido Westerwelle forderte die rund 30 noch im Jemen verbliebenen Deutschen auf, sich in Sicherheit zu bringen. Die Bundesregierung folgte damit anderen Staaten wie Italien und Kuwait. Auch Großbritannien appellierte an seine Bürger, den Jemen umgehend zu verlassen.

Die EU-Außenbeauftragte Cathrine Ashton verlangte einen sofortigen Waffenstillstand. Regierungstruppen und Stammesmilizen sollten sich zurückhalten und die "Eskalation der Gewalt" beenden, sagte Ashton in Brüssel. Die USA verurteilten die "sinnlose Gewalt" in dem vom Terror heimgesuchten Armenhaus der arabischen Halbinsel.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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