Alles "Verleumdungen" und "Lügen" Sarkozy streitet Spenden ab
12.07.2010, 22:12 Uhr
"Verleumdung und Lüge": Sarkozy während des Interviews.
(Foto: REUTERS)
Bei einem Fernsehauftritt streitet Frankreichs Präsident Sarkozy alle Vorwürfe des Parteispendenskandals um die Milliardärin Bettencourt ab. Der unter Beschuss stehende Arbeitsminister Eric Woerth sei "ein zutiefst ehrenhafter Mann". Zudem habe er nicht die Steuerhinterziehung Bettencourts gedeckt.
Nach wochenlanger Kritik an der französischen Regierung - vor allem wegen eines mutmaßlichen Parteispendenskandals - hat Staatschef Nicolas Sarkozy einen Schlussstrich unter die Affären zu ziehen versucht. Frankreich habe wichtigere Probleme zu lösen, als sich mit "Verleumdungen" und "Lügen" aufzuhalten, sagte Sarkozy zur Hauptsendezeit in einem einstündigen Interview im Fernsehsender France 2.
Der unter Beschuss stehende Arbeitsminister Eric Woerth sei "ein zutiefst ehrenhafter Mann", betonte der Präsident. Er vertraue ihm uneingeschränkt. "Was für eine Zeitverschwendung!", sagte Sarkozy zu den Unterstellungen, Woerth habe in seiner Zeit als Haushaltsminister einen Steuerbetrug der französischen Milliardärin Liliane Bettencourt gedeckt.
"Wie durch Zufall" sei Woerth ausgerechnet jetzt in die Kritik geraten, wo er die von der konservativen Regierung geplante Rentenreform durchziehen solle, sagte der Präsident. Der Arbeitsminister habe die "Verleumdung und Lüge" in den vergangenen drei Wochen mit einer "Würde" ertragen, die der politischen Klasse Ehre mache. Die Inspekteure der Finanzdirektion hätten einen Zeitraum von zwei Jahren untersucht und festgestellt, dass Woerth sich als Haushaltsminister "niemals, in keiner Form" mit Bettencourts Steuerakte befasst habe.
"Ein Kommen und Gehen"
Es gebe keinen Grund für ihn, sich von ihm zu trennen, betonte Sarkozy. Frankreich sei "kein korruptes Land". Im Übrigen sei er gewählt worden, um die Probleme der Franzosen zu lösen, sagte der Staatschef, und dies seien etwa die Arbeitslosigkeit, das Rentensystem und die Sicherheit.

Woerth steht im Zentrum des Skandals.
(Foto: REUTERS)
Die konservative Regierungspartei UMP steht im Verdacht, für Sarkozys Wahlkampf im Frühjahr 2007 eine rechtswidrige Spende in Höhe von 150.000 Euro von der reichsten Frau Frankreichs angenommen zu haben, der L'Oréal-Hauptaktionärin Bettencourt. Dies hatte deren langjährige Buchhalterin vor einer Woche bei der Polizei zu Protokoll gegeben. Claire T. zufolge verteilten Bettencourt und ihr Mann André, der Ende 2007 starb, regelmäßig großzügige Spenden an konservative Politiker. Es sei "ein Kommen und Gehen" gewesen in der Villa im Nobelvorort Neuilly, sagte die frühere Angestellte aus.
Bettencourts Vermögensverwalter habe das Geld seinerzeit dem Schatzmeister der UMP bei einem Abendessen in einem Umschlag zugesteckt, sagte die frühere Buchhalterin, die einen Teil des Geldes selbst abgehoben haben will. Der Schatzmeister ist niemand anderer als Sarkozys Vertrauter Woerth, der derzeit als Arbeitsminister die unliebsame Rentenreform durchsetzen soll. "Ich war kein Vertrauter der Bettencourts", betonte dagegen Sarkozy. Er sei nur zwei, drei Mal bei ihnen zum Essen gewesen, jeweils mit mehreren anderen Gästen. "Glauben Sie etwa, ich habe da jedes Mal Geld abgeholt?", fragte er ironisch.
Woerth steht zugleich in der Kritik, weil seine Frau für die Vermögensverwaltung von Bettencourt arbeitete, während er - noch als Haushaltsminister - zur Jagd auf Steuersünder geblasen hatte. In einem am Sonntag veröffentlichten Bericht des Finanzministeriums hieß es allerdings, Woerth sei zu dieser Zeit nicht mit Bettencourts Steuerakte befasst gewesen. Er habe auch nicht auf Entscheidungen nachgeordneter Behörden eingewirkt.
Sarkozy soll endlich "landen"
Die oppositionellen Sozialisten wiesen das Ergebnis der Regierungsuntersuchung zu Woerth zurück und zweifelten die Unabhängigkeit der Finanzinspektion an. Sozialisten-Sprecher Benoît Hamon sagte: "Wir wollen, dass ein unabhängiger Untersuchungsrichter die Ermittlungen zu der Affäre leitet." Der Untersuchungsbericht habe "natürlich nicht die gleiche Glaubwürdigkeit wie ein unabhängiges Prüfverfahren", stellte auch Sarkozys parteiinterner Rivale fest, der frühere Regierungschef Dominique de Villepin. Sarkozy halte sich seit drei Jahren "in einer Blase" auf und müsse endlich "landen", forderte Villepin. In Umfragen steht der Präsident so schlecht da wie noch nie seit seinem Amtsantritt vor gut drei Jahren, nur noch 30 Prozent der Franzosen sind demnach zufrieden mit ihm. Der Generalsekretär der regierenden UMP, Xavier Bertrand, wertete das Ergebnis der Untersuchung indes als Beweis dafür, dass Woerth das Opfer "von Lügen" geworden sei.

Bettencourt soll illegale Parteispenden getätigt haben.
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Ungeachtet der Untersuchungsergebnisse deutete Woerth inzwischen erstmals an, dass er sich vorstellen könne, sein Amt als UMP-Schatzmeister aufzugeben. Er werde darüber nachdenken, sagte Woerth dem Radiosender Europe 1. Er hob mit Blick auf die Affären und das Ergebnis des Untersuchungsberichts aber zugleich hervor: "Die Dinge sind klar, und es ist wahr, dass ich enorm erleichtert bin, weil man mir endlich glaubt." Er dankte zudem dafür, "dass der Präsident mich mit äußerster Kraft unterstützt hat". Teile der Opposition fordern vehement den Rücktritt von Woerth. Insgesamt laufen zudem noch drei Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Affäre.
Am Nachmittag unternahmen Ermittler in der Spendenaffäre sieben Durchsuchungen, unter anderem am Pariser Wohnsitz des Fotografen François-Marie Banier. Der Vertraute Bettencourts steht gemeinsam mit ihr unter Verdacht der Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Ihre enge Freundschaft war ein Auslöser der ganzen Affäre. Bettencourts Tochter hatte ihre Mutter verklagt, weil diese sich ihrer Ansicht nach von Banier ausnehmen ließ.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa