Politik

SPD-Sondersitzung in Berlin Sarrazin-Verbleib reizt die Basis

Thilo Sarrazin bleibt Dauerthema in der SPD. Das Enfant terrible darf in der Partei bleiben - doch an der Berliner Basis rumort es. Die Führung soll ihren Verzicht auf einen Ausschluss erklären. Sarrazin nennt die Entscheidung mit Blick auf die Berliner Wahl einen "Sieg der Vernunft".

Gerät immer wieder in den Mittelpunkt: Thilo Sarrazin.

Gerät immer wieder in den Mittelpunkt: Thilo Sarrazin.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die SPD-Führung muss sich wegen des überraschenden Verzichts auf einen Parteiausschluss von Thilo Sarrazin vor der Basis rechtfertigen. Vor allem in Sarrazins Berliner Landesverband gärt es deswegen. Der Landesvorstand wird daher an diesem Dienstag zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um die Kehrtwende zu erläutern. Sarrazin werden seine umstrittenen Thesen zur Ausländerintegration vorgeworfen. Er selbst nannte den Ausschlussverzicht einen "Sieg der Vernunft", der der Berliner SPD bei der Abgeordnetenhauswahl am 18. September helfen werde.

Einige Bürger hätten ihm bereits signalisiert, dass sie nach seinem Verbleib in der Partei die SPD auch wieder wählen könnten, behauptete Sarrazin in der "Berliner Morgenpost". Die Einigung sei ein "Sieg der Vernunft" und ein positiver Beitrag zu den Wahlchancen der SPD.

In Medienberichten war pekuliert worden, vor allem Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit habe angesichts der Wahl auf eine einvernehmliche Einigung gedrängt. Auch SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sei daran interessiert gewesen, den Wahlkampf nicht durch das Ausschlussverfahren zu überschatten, schrieb die "Bild am Sonntag". Sarrazin sagte: "Dazu habe ich keinerlei Informationen."

Steinmeier zufrieden

Die SPD in Bund und Land hatte am Gründonnerstag überraschend ihre Ausschlussanträge gegen den früheren Berliner Finanzsenator und Ex-Bundesbanker zurückgezogen. Zuvor hatte Sarrazin in einer Erklärung versichert, er habe weder Migranten diskriminieren noch sozialdemokratische Grundsätze verletzen wollen. Von seinen umstrittenen Thesen in seinem Bestseller "Deutschland schafft sich ab" distanzierte er sich kaum. Zu seinen Gründen einzulenken, erklärte der 66-Jährige, er habe persönlich keinen "Dauerkonflikt" mit der SPD gewollt und sei darin auch von seinem Rechtsbeistand Klaus von Dohnanyi bestärkt worden.

Als einziger Politiker der Bundes-SPD äußerte sich Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier während der von der Schiedskommission verordneten österlichen Schweigepause. Er zeigte sich erleichtert über das schnelle Ende des Ausschlussverfahrens. "Ich bin froh, dass der SPD ein jahrelanges Verfahren durch alle Instanzen erspart bleibt", sagte er der "Bild"-Zeitung. Das Verfahren sei dennoch
gerechtfertigt gewesen. Eine Partei habe Grundsätze und Werte. "Wenn die SPD nicht reagiert hätte, hätte mich das tief beunruhigt."

Jusos haben Fragen

Vor allem aus dem linken Lager wird Sarrazin blanker Rassismus vorgeworfen.

Vor allem aus dem linken Lager wird Sarrazin blanker Rassismus vorgeworfen.

(Foto: picture alliance / dpa)

In Sarrazins Berliner Heimatverband wächst die Kritik. So sprachen die Berliner Jusos schon kurz nach der Entscheidung von einem "Ausverkauf sozialdemokratischer Grundwerte". Deshalb sollen in der Sondersitzung des Vorstands offene Fragen beantwortet werden. Es sei sicherlich auch eine große Überraschung für all jene, die den Ausschlussantrag unterstützt oder wie der Landesvorstand beschlossen hätten, heißt es in der Einladung. Es habe aber Gründe für diese Entscheidung gegeben.

Auch außerhalb der Partei macht sich Empörung über den Rückzieher Luft. Die Türkische Gemeinde in Deutschland warf der SPD-Führung ein "Einknicken vor populistischen und rassistischen Sichtweisen" vor. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wertete die Entscheidung als taktisches Manöver der SPD vor der Berlin-Wahl.

Quelle: ntv.de, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen