Massenhafter Datenklau Schäuble gegen neue Gesetze
24.08.2008, 16:56 UhrIn der Debatte um die illegale Weitergabe von Kundendaten hat Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) den Sinn neuer Gesetze bezweifelt. Es seien zwar "eine Menge Ideen und Vorschläge auf dem Markt", sagte Schäuble der "Bild"-Zeitung. Er sei aber skeptisch, "ob wir neue Gesetze brauchen". Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) regte ein vollständiges Verbot des Handels mit persönlichen Daten an. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, erteilte Schäubles Plänen für ein zentrales Melderegister eine Absage.
Die Verantwortlichen und Experten von Bund und Ländern müssten jetzt "gemeinsam das Ganze gründlich analysieren und überlegen, wie wir dem Datenklau im privaten Bereich das Handwerk legen", sagte Schäuble der "Bild"-Zeitung. Kommende Woche lädt er nach eigenen Angaben seine Kollegen, Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), Bundeswirtschaftsminister Michael Glos und Verbraucherminister Horst Seehofer (CSU) sowie den Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar und Ländervertreter zum Gespräch. Zypries sagte, die Datenschutzbeauftragten der Länder klagten über Personalabbau, dies solle beim Gespräch mit Schäuble angesprochen werden.
Leyen beklagt "Raubritterindustrie"
Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) beklagte in der "Bild am Sonntag", eine "ganze Raubritterindustrie" versuche, ältere Menschen etwa mit Glücksspielen oder vermeintlichen Wundermitteln auszunehmen. "Eine Wurzel des Problems" sei dabei der Datenmissbrauch: "Es ist unfassbar, welche Dimension der illegalen Weitergabe von Kundendaten sich in diesen Tagen auftut", sagte sie. Sie gehe davon aus, dass an dieser Stelle nachgebessert werden müsse, um Gesetzeslücken zu schließen.
Sensible Daten zu verkaufen
Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtet, die Sicherheitslücken bei Online-Daten seien noch größer als befürchtet: Nicht nur Kontonummern, sondern auch deutlich sensiblere Daten würden gehandelt. Kriminelle könnten im Internet sogar Zugangsdaten für Online-Banking-Daten kaufen, sagte ein Mitarbeiter der Sicherheitsfirma Kaspersky dem Blatt. Wer diese Daten hat, kann sich an dem Konto ganz normal anmelden und es leerräumen.
Auch Millionen von Kreditkartennummern seien auf dem Schwarzmarkt erhältlich - auch deutsche, sagte ein Vertreter der Sicherheitsfirma Trend Micro der Zeitung. Diese Daten kosteten auf dem Schwarzmarkt weniger als einen Dollar pro Karte. Für die Zugangsdaten zum Online-Banking liege er bei mindestens zehn Dollar pro Konto.
Glos erwägt generelles Verbot
Es müsse überlegt werden, ob "wir den Handel mit persönlichen Daten generell verbieten", sagte Glos der "Bild am Sonntag". Dies müsse dann der Fall sein, "wenn wir die Verbraucher anders vor kriminellen Machenschaften nicht schützen können".
Die SPD sehe "keine zwingenden Gründe für ein Bundesregister", sagte Wiefelspütz der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Kommunen führten Meldedateien, und manche Bundesländer hätten Landesmelderegister, erläuterte er: "Es ist unnötig und damit unverhältnismäßig, dieselben Daten der Bürger nun noch einmal beim Bund aufzubewahren." Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Datenmissbrauchsfälle "sollte auch der Staat sich hüten, verzichtbare neue Datensammlungen anzulegen", sagte Wiefelspütz. Schäuble hatte der "Bild"-Zeitung gesagt, private Daten, die von staatlicher Seite registriert würden, seien "sicherer als die Daten, die im privaten, nicht-öffentlichen Bereich umlaufen".
Quelle: ntv.de