Kritik an FDP-Begehrlichkeiten Schäuble kann nicht zaubern
13.02.2010, 14:50 UhrDie FDP hat zurzeit nur wenig Freude mit ihrem konservativen Koalitionspartner. Jetzt kritisiert nach der CSU auch noch Bundesfinanzminister Schäuble offen die Kopfpauschale, das Herzstück der FDP-Gesundheitsreform. Die Liberalen müssten schon sagen, wo die Milliarden dafür herkommen sollten, so Schäuble. Und zeigt sich ganz als Realist: "Zaubern kann ich nicht."
Trotz gezielten Reibens an der Nase: Die Milliarden kann Schäuble nicht einfach aus dem Hut zaubern.
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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist auf offene Distanz zu den FDP-Plänen für eine Kopfpauschale im Gesundheitswesen gegangen. "Wenn man für irgendeine große Aufgabe einen zweistelligen Milliardenbetrag an Steuergeldern braucht, muss man sagen, wo er herkommen soll", sagte Schäuble der "Frankfurter Rundschau" Die FDP beharrte auf ihrem Vorhaben.
Schäuble bezog sich auf die Ankündigung von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP), der Sozialausgleich für die von ihm geforderte Kopfpauschale im Gesundheitswesen werde bis zu zehn Milliarden Euro kosten. Zugleich hatte Rösler Steuererhöhungen ausgeschlossen. "Zaubern kann ich nicht", stellte Schäuble dazu fest.
22 Milliarden Zusatzkosten für Sozialausgleich
Zuvor hatte bereits eine Antwort des Finanzministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen für Wirbel gesorgt. Darin war von Kosten für den Sozialausgleich von 22 Milliarden Euro die Rede gewesen. Der Spitzensteuersatz der Einkommensteuer müsse dann auf 73 Prozent steigen und ab einem Einkommen von 120.664 Euro gelten, heißt es. Schäuble verteidigte die Berechnungen seines Hauses erneut und wies darauf hin, Grundlage seien vorgegebene Annahmen der Grünen. Auch seien die entsprechenden Passagen mit dem Gesundheitsministerium abgestimmt worden. Gesundheitsminister Philipp Rösler gab dagegen die Kosten für den Sozialausgleich mit weniger als zehn Milliarden Euro angegeben.
Röslers Pläne könnten nach Meinung seiner Kritiker das Solidarprinzip des Gesundheitswesens in eine gefährliche Schieflage bringen.
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Die FDP will den bisherigen einkommensabhängigen Kassenbeitrag durch eine einheitliche Prämie für Versicherte ersetzen. Für sozial Schwächere soll es einen Sozialausgleich geben. Im Koalitionsvertrag ist die Einführung einer Kopfpauschale als Ziel festgeschrieben. Die CSU schließt dies gleichwohl aber inzwischen aus.
Der schleswig-holsteinische Arbeits- und Sozialminister Heiner Garg (FDP) forderte die CSU auf, ihre Angriffe auf die FDP einzustellen und sich an das zu halten, was im Koalitionsvertrag vereinbart worden sei. Das Ziel sei die schrittweise Einführung einer Kopfpauschale. Garg nannte es "absurd", die Beitragshöhe für die Krankenversicherung allein vom Einkommen abhängig zu machen.
Kopfpauschale mit Stufentarif?
Der Münchner Gesundheitsökonom Günter Neubauer schlug eine Kopfpauschale mit einem Stufentarif vor. Für Rentner und Geringverdiener empfahl der Experte einen "Sozialtarif" von 80 Euro monatlich. Daneben müsse es einen "Normaltarif" zu 140 Euro und einen "Solidartarif" für besser Verdienende zu 200 Euro geben, sagte Neubauer dem Berliner "Tagesspiegel am Sonntag". Damit lasse sich der aus Steuermitteln zu finanzierende Sozialausgleich verringern. Zugleich schloss Neubauer aus, dass Gesundheitsreform und große Steuerreform gleichzeitig machbar wären.
Unterdessen wies die Krankenkasse KKH-Allianz darauf hin, dass etwa ein Viertel des von zahlreichen Krankenkassen geplanten Zusatzbeitrages für die damit verbundenen Verwaltungskosten benötigt werde. "Der Anteil der Verwaltungskosten bei einem Zusatzbeitrag von acht Euro wird bei etwa zwei Euro liegen", sagte der Vorstandsvorsitzende der KKH-Allianz, Ingo Kailuweit, der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse" vom Samstag. Er äußerte sich zudem überzeugt, dass zur Jahreswende 2011 nur noch wenige Krankenkassen ohne den Zusatzbeitrag auskommen würden.
Zahlreiche gesetzliche Krankenkassen haben für das laufende Jahr Zusatzbeiträge von zumeist acht Euro angekündigt, die die Versicherten zusätzlich zu ihrem Beitrag zahlen müssen. Die Krankenkassen können die Beiträge erheben, wenn sie mit dem Geld aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen.
Quelle: ntv.de, ghö/AFP/dpa