Politik

Haushaltsdebatte beginnt Schäuble muss einstecken, auch von der SPD

Finanzminister Wolfgang muss sich gegen Zwischenrufe aus allen Richtungen wehren.

Finanzminister Wolfgang muss sich gegen Zwischenrufe aus allen Richtungen wehren.

(Foto: dpa)

Obwohl der Finanzminister den ersten ausgeglichenen Haushalt seit Jahrzehnten vorlegt, bekommt er Kritik von allen Seiten. Die SPD lässt sich auch nicht vom Koalitionsvertrag stoppen. Der Wahlkampf ist zurück.

Dafür, dass CDU, CSU und SPD eine Koalition bilden, applaudieren sie sich gegenseitig doch sehr wenig an diesem Vormittag. Wolfgang Schäuble spricht am Rednerpult, in der SPD-Fraktion tippen die Abgeordneten auf ihren Handys. Wenn die Union den Finanzminister für seinen ausgeglichenen Haushalt beklatscht, stimmen nur wenige der Sozialdemokraten ein. Als Schäuble davon spricht, dass Rot-Grün damals die Kommunen zu sehr belastet habe, kommen sogar empörte Zwischenrufe. Später giftet SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider zurück: Die gute Entwicklung, auf die Schäuble seinen Haushalt aufbaut, sei von Gerhard Schröder eingeleitet worden. Und von Strukturreformen habe er in den vergangenen vier Jahren, also unter Schwarz-Gelb, nicht viel mitbekommen.

Es sind die ersten Sprosse des Europawahlkampfes, bei dem die Koalitionsparteien gegeneinander antreten. Die CDU will ihren Wohlfühlwahlkampf vom vergangenen September wiederholen und betonen, wie gut es Deutschland unter Angela Merkel geht. Die SPD möchte die Wähler aufrütteln und auch mehr Geld ausgeben, um etwas gegen die Jugendarbeitslosigkeit im Süden Europas zu tun.

Ein "teures Strohfeuer"?

Finanzminister Schäuble trägt vor, dass Deutschland sein Außenhandelsdefizit zurückgefahren, seine Wettbewerbsfähigkeit gestärkt und seine Neuverschuldung reduziert habe. Die Bundesrepublik sei heute der "Stabilitätsanker" der Weltkonjunktur. Deutlich warnt er davor, sich auf diesem Erfolg auszuruhen. Im Ausland gelte Deutschland als wohlhabend, alternd und risikoscheu, während Länder wie Indien und China nach vorne preschen.

Die Frage ist: Wie schafft man es, dass beim nächsten Konjunktureinbruch Deutschland nicht wieder zum "kranken Mann Europas" wird? So hatte es der britische "Economist" einmal die Lage des Landes beschrieben. Schäuble hat dafür nach eigener Aussage eine "Doppelstrategie von Haushaltssanierung und Strukturreformen".

Schäuble spricht ganze 50 Minuten und von Minute zu Minute scheint der Blutdruck von Sven Kindler zu steigen. Immer wieder ruft der Grünen-Politiker dazwischen, zeitweise kommentiert er jeden Satz des Ministers. Dem Bundestagspräsidenten wird es irgendwann zu bunt: "Jetzt ist aber auch mal Ruhe", tadelt Norbert Lammert. Kindler hält sich nicht besonders lange daran. Als er endlich selbst ans Rednerpult darf, lässt er nicht viel Gutes an Schäubles Haushaltskonzept. Die "Schwarze Null", die Deutschland schreibe, sei eine Momentaufnahme, ein teures Strohfeuer. Denn für den ausgeglichenen Haushalt würden Gesundheitsfonds und Rentenkasse geplündert, die Konjunktur belastet und zu wenig investiert. In eine ähnliche Richtung argumentiert Dietmar Bartsch für die Linkspartei. Den Preis der "Schwarzen Null" müssten zukünftige Generationen bezahlen.

Union "versteckt" ihren Spitzenkandidaten

Sein SPD-Kollege Schneider, der ja eigentlich wie Schäuble Mitglied der Koalition ist, bestreitet das nicht. Angriffe gegen die Linke lässt er fast ganz aus, um mehr Zeit für Spitzen gegen die Union zu haben: Zwar sei der ausgeglichene Haushalt ein "markanter Erfolg", aber er habe eben mit dem billigen Geld von der Europäischen Zentralbank zu tun und mit den rot-grünen Reformen. Bei den Grünen applaudieren da nur die Hinterbänkler. Die Fraktionsführung will mit den Hartz-Gesetzen lieber nicht mehr in Verbindung gebracht werden.

Schneider mahnt den Abbau von Wirtschaftssubventionen an und kritisiert einen "asozialen Wettbewerb" um die niedrigsten Unternehmenssteuern in Europa. Er betont auch noch einmal, dass SPD und Grüne das Abkommen mit der Schweiz gestoppt hatten, mit dem Schäuble viele Steuerhinterzieher straffrei hätte davonkommen lassen. In diesem Zusammenhang erwähnt er auch Jean-Claude Juncker, der bis vor kurzem Ministerpräsident Luxemburgs war und gegen einen automatischen Austausch von Steuerdaten gekämpft hatte. Nun ist Juncker europäischer Spitzenkandidat der EVP, zu der auch CDU und CSU gehören. Doch im CDU-Wohlfühlwahlkampf soll er praktisch keine Rolle spielen."Er wird versteckt", sagt Schneider. "Sie sollten sich das noch einmal überlegen, wer ihr Spitzenkandidat ist." Der Wahlkampf kann kommen.

Quelle: ntv.de

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