Zehn Jahre Guantánamo "Schande für Menschenrechte"
11.01.2012, 07:21 Uhr
In dem vom US-Militär freigegebenen Bild sitzt ein Insasse des Camps 6 während einer Unterrichtsstunde mit Fußfesseln auf einem Stuhl (Foto vom 27. April 2010).
(Foto: dapd)
Guantánamo – die einen halten es für eine Schande, die anderen für eine Notwendigkeit zum Schutz der Nation. Präsident Barack Obama hätte das US-Gefangenenlager auf Kuba gern dichtgemacht, aber letztlich kapituliert auch er. Vor genau zehn Jahren trafen die ersten Gefangenen in Guantánamo ein.

Dieses vom Pentagon im Januar 2002 veröffentlichte Bild ging um die Welt. Gefesselt und geknebelt knien die Gefangenen vor ihrem Aufseher.
(Foto: dapd)
Seit zehn Jahren gibt es das jetzt – die Erinnerungen an Folter und Angst bestimmen noch heute das Leben vieler ehemaliger Häftlinge. Das Lager ist nach Ansicht der Organisation Amnesty International (AI) das Symbol schlechthin für eine Politik, die Menschenrechte verachtet. Seit der Einrichtung vor zehn Jahren kämpft AI gegen das Festhalten hunderter Terrorverdächtiger ohne Gerichtsverfahren.
Es sei sehr enttäuschend, dass US-Präsident Barack Obama "nicht konsequent genug gehandelt" habe, um das Lager zu schließen", kritisierte die ehemalige Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International, Barbara Lochbihler.
Im Gegenteil werde mit einem neuen US-Gesetz indirekt geregelt, dass kein Staatsgeld ausgegeben werden dürfe, um die verbliebenen 171 Gefangenen auf US-Festland zu verlegen, sagte die Grünen-Politikerin der "Neuen Presse". "De facto bedeutet das, dass man Guantánamo auf ewig bestehen lässt."
"Menschenrechte nicht bindend"
Guantánamo Bay gilt heute auch als ein Symbol für den zentralen Fehler, den die USA gleich zu Beginn nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 gemacht haben. Damals hieß es: Die USA sind seien nun in einem globalen Kampf gegen den Terrorismus – und in einem solchen Fall seien Menschenrechte nicht bindend.
Am 11. Januar 2002 waren die ersten Terrorverdächtigen in das umstrittene Lager auf dem kubanischen US-Militärstützpunkt gebracht worden. Obama hatte im Wahlkampf 2008 angekündigt, das Lager schließen zu wollen.
Obama hält an seinem Plan fest
Ungeachtet des bisherigen Scheiterns hält Obama aber an seinem Plan fest, Guantánamo zu schließen. Das Weiße Haus erklärte, Obama sei heute ebenso entschlossen wie im Jahr 2008, das Lager auf Kuba aufzulösen.
Obamas Sprecher Jay Carney verwies zur Erklärung für den weiteren Betrieb des Lagers auf "Hindernisse", die einer schnellen Umsetzung des Plans zu seiner Schließung im Weg stünden.
Viele Gefangene konnten bislang nicht in ihre Heimat abgeschoben werden, weil ihnen dort Verfolgung droht. Drittstaaten waren bei der Aufnahme von Häftlingen zudem zögerlich.
Deutschland nahm nur zwei Häftlinge auf
Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), forderte Washington auf, das Lager zu schließen und alle Gefangenen vor ordentliche Zivilgerichte zu stellen. "Guantánamo widerspricht unseren Menschenrechtsauffassungen", sagte Löning der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Es schwäche "unsere Argumentation gegenüber Staaten, in denen Menschenrechtsverletzungen begangenen werden". Der US-Kongress verstoße zudem mit seiner Verweigerungshaltung gegen die Grundwerte der USA, sagte Löning.
Auch die Grünen im Bundestag forderten eine rasche Schließung Guantánamos. Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck erklärte, Obama sei "gefordert, sein Wahlversprechen einzuhalten und den Irrsinn zu beenden". Auch eine "mutmaßliche Gefährlichkeit einzelner Häftlinge" rechtfertige nicht "die schweren Menschenrechtsverletzungen, die in Guantánamo geschehen". Der Bundesregierung warf Beck vor, sie unternehme "nichts, um die Schließung von Guantánamo zu beschleunigen". Nur zwei Häftlinge habe sie Aufnahme in Deutschland gewährt.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa/AFP