Politik

Friedliche und gewalttätige Proteste Schaurige Zahlen machen Spanier wütend

Eine Minderheit unter den Demonstranten beteiligte sich am Abend an den Krawallen. Dieser Vermummte schlägt das Schaufenster einer Bank ein.

Eine Minderheit unter den Demonstranten beteiligte sich am Abend an den Krawallen. Dieser Vermummte schlägt das Schaufenster einer Bank ein.

(Foto: AP)

Die Wut über die Krise entlädt sich in Spanien in friedlichen Massenprotesten - und in Krawallen, die von einzelnen Gewalttätern angezettelt werden. Die regierende Volkspartei bezeichnet die Demonstranten als Faschisten.

Zehntausende stömten am Samstag auf die Plaza de Colón in Madrid.

Zehntausende stömten am Samstag auf die Plaza de Colón in Madrid.

(Foto: REUTERS)

Einige von ihnen waren seit Wochen unterwegs, zu Fuß, um gegen die "von der Troika diktierten" Haushaltskürzungen zu protestieren. Acht "Märsche der Würde" kamen am Samstag aus den unterschiedlichen Regionen Spaniens in der Hauptstadt zusammen; insgesamt demonstrierten in Madrid Zehntausende - rund 50.000 nach einer ersten Schätzung der Polizei. Später wollte sie nur noch 36.000 gezählt haben.

Am Abend kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, als aus der Menge heraus Gegenstände auf die Barrikaden vor dem Hauptquartier der konservativen Volkspartei geworfen wurden. Die Organisatoren der Märsche hatten so etwas geahnt: "Ich befürchte, dass extremistische Gruppen eine friedliche Demonstration verderben", sagte Agripa Hervás, einer der Organisatoren, der Zeitung "El Pais", bevor die Krawalle losgingen.

Dem Blatt zufolge wurden 24 Personen festgenommen. 101 Menschen seien verletzt worden, davon 67 Polizisten. 15 Personen hätten in Krankenhäuser gebracht werden müssen.

"Raus mit der Troika"

"El Pais" betonte, dass nur eine Minderheit der Demonstranten gewalttätig geworden sei. Die Märsche insgesamt seien Ausdruck eines konkreten Unbehagens, das unter "schauderhaften Zahlen" begraben sei: sechs Millionen Arbeitslose, was einer Quote von knapp 26 Prozent entspricht, Zehntausende Zwangsräumungen sowie Milliardenkürzungen bei den Sozialausgaben.

Die zentralen Forderungen der Demonstranten entsprachen diesen Zahlen: "Nein zur Schuldenrückzahlung", "Keine weiteren Kürzungen", "Raus mit der Troika". Ein Elektriker, der seit dem 16. März zu Fuß von Córdoba nach Madrid unterwegs war, sagte, er sei dabei, "um unsere Freunde von der Troika rauszuschmeißen". Die regierende Volkspartei warf den Protestierenden, die zumeist aus dem linken Spektrum kamen, vor, für dieselben Forderungen zu stehen wie die griechische Neonazi-Partei "Goldene Morgenröte".

Regierung sieht Spanien "auf dem richtigen Weg"

Laut OECD wurden die Armen in Spanien härter von der Krise getroffen als in jedem anderen Mitgliedsland. Obwohl die spanische Wirtschaft wieder wächst, leidet das Königreich noch immer unter den Folgen der 2008 geplatzten Immobilienblase. Im Februar sank die Arbeitslosenquote zwar zum ersten Mal seit Beginn der Finanzkrise 2007. Allerdings nur minimal, um 0,04 Prozent.

"Spanien ist auf dem richtigen Weg", sagte Arbeitsministerin Fátima Báñez Anfang März, als die aktuellen Arbeitsmarktdaten präsentiert wurden. "Die Reformen der vergangenen zwei Jahre beginnen Früchte zu tragen." Die Spanier sehen das nicht so: Drei Viertel von ihnen sind enttäuscht von Ministerpräsident Mariano Rajoy. Das Ende 2011 von seiner Regierung auf den Weg gebrachte Sparprogramm, mit dem die Schuldenlast verringert und das Vertrauen in den Bankensektor wieder hergestellt werden sollte, verschlimmerte den Alltag für zahllose Menschen.

Rajoy plant derzeit Arbeitsmarkt- und Steuerreformen, mit denen er die Arbeitslosigkeit abbauen will. Finanziert werden soll das Projekt mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer, was für die Spanier eine weitere Belastung darstellt. Für einen Erfolg seiner Reformpolitik hat Rajoy noch bis zum Herbst 2015 Zeit. Dann wird in Spanien ein neues Parlament gewählt.

Quelle: ntv.de, mit AFP/rts

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