Politik

"Rolle rückwärts" Schily zweifelt am Atomkonsens

Der SPD-Abgeordnete und frühere Bundesinnenminister Otto Schily hat den Konsens über den Ausstieg aus der Atomkraft in Frage gestellt. "Um den Übergang in eine regenerative Energiewirtschaft zu erreichen, brauchen wir wahrscheinlich die Kernenergie noch eine Weile", sagte Schily der neuen Ausgabe des Magazins "Vanity Fair". Die Wirtschaft dürfe nicht gefährdet werden. "Wir sollten deshalb gründlich und ohne Vorbehalte diskutieren, ob der Atomkompromiss von Rot-Grün nicht verändert werden muss", sagte Schily.

Schily, der einst die Grünen mitgründete, später zur SPD wechselte und die rot-grüne Bundesregierung als Kabinettsmitglied maßgeblich prägte, erklärt seinen Sinneswandel: "Ich war immer sehr kritisch zur Kernenergie eingestellt und halte sie im Grundsatz für eine Sackgassentechnik." Doch denke er heute, dass die Atomkraft noch eine Weile nötig sei.

Scharfe Kritik von Grünen

Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin kritisierte in Berlin, Schily wechsle seine Überzeugungen offenbar nach Mandantenlage: "Früher Grüner, heute Siemens-Anwalt für die Atomenergie." Nur wer "Schrottreaktoren" wie Neckarwestheim, Biblis und Brunsbüttel abschalte, schaffe Raum für die Energiewende.

Sylvia Kotting-Uhl, die umweltpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, erklärte: "Zum Glück ist Otto Schilys politische Restlaufzeit fast abgelaufen. Deshalb hat diese Rolle rückwärts eine kurze Halbwertzeit." Schily unterschlage, dass Uran und fossile Brennstoffe nur noch begrenzte Zeit verfügbar seien. "Deshalb gibt es keine Alternative zur Energiewende", hob sie hervor.

Der zwischen den Energiekonzernen und der damaligen rot-grünen Bunderegierung ausgehandelte Atomkonsens schreibt für jedes deutsche Atomkraftwerk so genannte Reststrommengen fest, die noch erzeugt werden dürfen. Danach muss der Meiler abgeschaltet werden. Grundlage war eine durchschnittliche Gesamtlaufzeit pro Werk von 32 Jahren. Die Vereinbarung eröffnet aber auch die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen Reststrommengen zu übertragen.

Quelle: ntv.de

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