Politik

Erster Guantánamo-Zivilprozess Schlappe für Obama

Die Skizze des Gerichtszeichners zeigt den Angeklagten Ghailani (l) im Gerichtssaal.

Die Skizze des Gerichtszeichners zeigt den Angeklagten Ghailani (l) im Gerichtssaal.

(Foto: AP)

Präsident Obama will das Lager Guantánamo schließen und möglichst viele Gefangene vor US-Zivilgerichte stellen. Aber schon das erste Verfahren dieser Art wird komplizierter als gedacht - Wasser auf die Mühlen der Schließungsgegner.

Im ersten Zivilverfahren gegen einen ehemaligen Guantánamo-Häftling in den USA hat die Regierung von Präsident Barack Obama einen Rückschlag erlitten. Der zuständige Richter Lewis Kaplan in New York entschied, den Hauptbelastungszeugen der Anklage gegen Ahmed Khalfan Ghailani nicht zuzulassen. Dem 36-jährigen Ghailani wird vorgeworfen, 1998 als Mitglied der Terrororganisation Al-Kaida an den Anschlägen auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania beteiligt gewesen zu sein. Dabei waren 224 Menschen ums Leben gekommen.

Aussagen durch Zwang erpresst

Richter Kaplan begründete seine Entscheidung damit, dass der Name des Zeugen erst nach Misshandlungen Ghailanis bei Verhören in einem geheimen CIA-Gefängnis aufgetaucht sei. Dort war der Angeklagte vor seiner Gefangenschaft in Guantánamo zunächst festgehalten worden. Mit anderen Worten: Der Richter lässt den Zeugen nicht zu, weil er davon ausgeht, dass der Angeklagte gewaltsam zur Preisgabe des Namens gezwungen wurde.

Bei dem ausgeschlossenen Zeugen handelt es sich um Hussein Abebe, der dem Angeklagten laut Staatsanwaltschaft Sprengstoff für den Anschlag verkauft haben soll. Dies sagte Ghailani demzufolge in den Verhören aus und brachte damit die Anklage auf die Spur Abebes. Richter Kaplan argumentierte nun, dass diese Aussagen Ghailanis "unter Zwang" der CIA zustande gekommen und damit vor Gericht nicht verwertbar seien. 

Prozessbeginn verzögert sich

Der förmliche Beginn des Prozesses gegen Ghailani verzögert sich durch den Richterspruch auf den 12. Oktober. Damit soll der Anklage etwas Zeit für die etwaige Entwicklung einer neuen Prozess-Strategie gegeben werden. Ghailani ist der erste Insasse von Guantánamo überhaupt, welcher der US-Ziviljustiz überstellt wurde. Ihm droht lebenslange Haft.

Das Verfahren gegen Ghailani gilt auch als Testfall für die Politik von US-Präsident Barack Obama. Obama will das Gefangenenlager Guantánamo Bay in Kuba trotz Widerstands der Republikaner, aber auch in den eigenen demokratischen Reihen schließen. Anstehende Prozesse würden dann auf US-Boden stattfinden, nach Obamas Vorstellungen der größte Teil vor Zivilgerichten.

Die Gegner einer Schließung argumentieren unter anderem, dass es Angeklagte in Zivilprozessen "leichter" hätten als in Verfahren vor Militärtribunalen, die unter Obamas Vorgänger George W. Bush eigens zur Aburteilung von Guantánamo-Häftlingen geschaffen wurden. Kaplans Entscheidung könnte sie in dieser Argumentation bestärken.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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