Politik

Antrittsbesuch bei Macron Scholz verfolgt Ukraine-Konflikt mit Sorge

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Traditionell geht die erste Auslandsreise eines Bundeskanzlers oder einer Bundeskanzlerin nach Frankreich. In Paris trifft Scholz den französischen Präsidenten Macron. Beide wollen Europa "stark machen" und sprechen nicht nur über die Freundschaft.

Zwei Tage nach seiner Vereidigung als Bundeskanzler ist Olaf Scholz zu seinem ersten Antrittsbesuch nach Paris gereist. Präsident Emmanuel Macron empfing den SPD-Politiker am Nachmittag im Élysée-Palast zu einem Gespräch unter vier Augen und einem Mittagessen. Anschließend will sich Scholz bei der Europäischen Union und der NATO in Brüssel vorstellen.

Bei seinem Besuch in Paris hat Scholz den Willen zur Zusammenarbeit betont. "Es geht darum, wie wir Europa stark machen können, die europäische Souveränität in all den Dimensionen, die dazu gehören. Da geht es um ökonomische Fragen, um Sicherheitsfragen und Fragen der Außenpolitik", sagte der SPD-Politiker. "Wichtig ist, dass wir da gleichgerichtet agieren, dass wir miteinander zusammenarbeiten", so Scholz. "Und deshalb war das nicht nur ein freundschaftlicher Besuch, sondern einer, der schon gleich ganz konkret all die Themenfelder angesprochen hat, um die es gehen wird in der nächsten Zeit."

Eines dieser Themenfelder ist der Ukraine-Konflikt. Scholz forderte Russland dazu auf, die Unverletzlichkeit der Grenzen zu respektieren. "Die Situation an der ukrainischen Grenze sehen wir alle mit Sorge", sagte der Bundeskanzler. "Natürlich gibt es eine gemeinsame Klarheit darüber, dass die Unverletzlichkeit der Grenzen in Europa zu den Prinzipien gehört, die alle in Europa für gemeinsame Sicherheit akzeptieren müssen."

"Ganz offensichtlich, dass da sehr viele Soldaten zu sehen sind"

Alle müssten wissen, dass diese Regel für alle gelte. "Es geht nicht nur um Macht, es geht auch um Prinzipien, die für alle miteinander verbindlich sind." Scholz begrüßte, dass US-Präsident Joe Biden in dieser Woche mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin gesprochen hat. "Und auch wir werden weiter unsere Aktivitäten entfalten, um sicherzustellen, dass die Ukraine eine gute Perspektive hat", sagte der Bundeskanzler. Er verwies etwa auf das sogenannte Normandie-Format. Dabei vermitteln Deutschland und Frankreich zwischen der Ukraine und Russland im seit 2014 währenden Konflikt in der ukrainischen Industrieregion Donbass.

Der Westen wirft Russland seit Wochen einen Truppenaufmarsch unweit der Grenze zur Ukraine vor. Auch Scholz sagte, es sei "ganz offensichtlich, dass da sehr viele Soldaten zu sehen sind". Macron nannte das Gespräch zwischen Biden und Putin ebenfalls nützlich. Doch auch das Normandie-Format behalte seine Berechtigung.

Ein weiteres Themenfeld ist die europäische Finanzpolitik. Frankreichs Präsident Macron hat sich nach dem Treffen für neue flexiblere Finanzregeln in der EU ausgesprochen, um drei Ziele zu erreichen. Zum einen brauche man massive Investitionen in neue Technologien, zum anderen müsse die wirtschaftliche Angleichung der Staaten in der EU und vor allem in der Eurozone vorangetrieben werden, sagte Macron. Drittes Ziel sei eine Vollbeschäftigung.

Scholz verwies auf den Corona-Wiederaufbaufonds, den Macron und er maßgeblich mit auf den Weg gebracht hätten - im Rahmen der geltenden Finanzregeln. "Es geht darum, dass wir das Wachstum, das wir mit dem Wiederaufbaufonds auf den Weg gebracht haben, auch weiterhin ermöglichen und aufrechterhalten. Und dass wir gleichzeitig für solide Finanzen sorgen", sagte der Kanzler. Man werde die Flexibilität des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts voll ausnutzen. Dies sei kein Gegensatz. Er sei sicher, dass man zu gemeinsamen Konzepten kommen werde.

Baerbock war schneller

Kanzler Scholz und seine zehnköpfige Delegation starteten am Vormittag mit dem Regierungs-Airbus "Theodor Heuss" nach Paris. Scholz kennt den Flieger schon von seinen Reisen als Vizekanzler und Finanzminister. Schon vor seiner Wahl zum Kanzler hatte er angekündigt, dass seine erste Auslandsreise nach Paris zu Macron gehen würde. "Wir treffen uns, um eine gemeinsame Strategie mit Frankreich zu entwickeln", sagte er vor seinem Abflug.

Macron hatte am Mittwoch in seiner Gratulation an Scholz auf Twitter ebenfalls die deutsch-französische Zusammenarbeit für Europa beschworen. "Das nächste Kapitel werden wir zusammenschreiben. Für die Franzosen, für die Deutschen, für die Europäer", schrieb er. Frankreich übernimmt im Januar die EU-Ratspräsidentschaft.

Der erste Antrittsbesuch deutscher Kanzler und Kanzlerinnen geht traditionell nach Frankreich. Gerhard Schröder war 1998 sogar bereits vor seiner Wahl zum Regierungschef in Paris. 2005 flogen Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr damaliger Außenminister Frank-Walter Steinmeier gemeinsam nach Paris und dann nach Brüssel. Diesmal ist Außenministerin Annalena Baerbock dem Regierungschef Scholz mit ihren Antrittsbesuchen einen Schritt voraus. Sie war bereits am gestrigen Donnerstag in Paris.

Quelle: ntv.de, ses/dpa/rts

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