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Politik verantwortlich Schreiber schweigt

Teppichhändler, Waffen- und Airbuslobbyist Karlheinz Schreiber, jetzt Angeklagter, wartet entspannt auf den Beginn des Prozesses gegen ihn.

Teppichhändler, Waffen- und Airbuslobbyist Karlheinz Schreiber, jetzt Angeklagter, wartet entspannt auf den Beginn des Prozesses gegen ihn.

(Foto: REUTERS)

Unter großem Medieninteresse hat am Landgericht Augsburg der Prozess gegen den Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber begonnen. Dem 75-Jährigen, der eine Schlüsselrolle in der CDU-Spendenaffäre der 1990er Jahre spielte, wirft die Staatsanwaltschaft Steuerhinterziehung, Beihilfe zum Betrug und zur Untreue sowie Bestechung vor.

Schreiber fühlt sich vorverurteilt

Bisher hat Schreiber stets die Anschuldigungen bestritten. Zu Beginn des Prozesses ließ Schreiber nun einen seiner Anwälte erklären: "Der verlesenen Anklage trete ich voll umfänglich entgegen und bestreite die Vorwürfe." So seien alle ihm von den Anklägern vorgeworfenen Steuerdelikte unzutreffend. Er sei dazu bereit, im weiteren Prozessverlauf auch detaillierte Angaben zu machen. Schreiber warf der Augsburger Justiz seine Vorverurteilung vor.

Er ließ weiter erklären, bei allen in der Anklage erwähnten Geschäften seien die "wesentlichen Weichenstellungen von Politikern getroffen worden". Er wolle zwar seine Bedeutung nicht herunterspielen, aber "es ist doch nicht so, dass ein Einzelunternehmer aus Bayern zwischen Regierungen verschiedener Staaten hin und her spazieren und solche Großprojekte zustande bringen könnte."

Schreiber soll aus Provisionsgeschäften für Flugzeuge und Panzer in den Jahren 1988 bis 1993 dem Staat über elf Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben. Außerdem soll er den ehemaligen Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls (CSU) sowie zwei Thyssen-Manager bestochen haben.

Pfahls, der von Schreiber rund zwei Millionen Euro Schmiergeld angenommen hatte und dafür 2005 rechtskräftig zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden war, gehört zu den Zeugen.

Der angeklagte Waffenlobbyist Schreiber (2.v.l.) im Strafjustizzentrum in Augsburg neben seinen Anwälten Jan Olaf Leisner (2.v.r.) und Jens Bosbach (r).

Der angeklagte Waffenlobbyist Schreiber (2.v.l.) im Strafjustizzentrum in Augsburg neben seinen Anwälten Jan Olaf Leisner (2.v.r.) und Jens Bosbach (r).

(Foto: dpa)

Durch die Augsburger Ermittlungen gegen Schreiber war eine illegale Spende des ehemaligen CSU-Mitglieds an CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep in Höhe von einer Million Mark (511.300 Euro) bekannt geworden. In der Folge musste Wolfgang Schäuble als CDU-Vorsitzender und Unions-Fraktionschef abtreten, weil er selbst auch eine Barspende über 100.000 Mark (51.130 Euro) von Schreiber angenommen hatte.

Bis zu 15 Jahre Haft drohen

Angesetzt sind zunächst 26 Verhandlungstage bis Mitte Mai. Zeugen werden ab Februar vernommen. Ein rasches Urteil wird nicht erwartet. Gerichtssprecher Karl-Heinz Häusler sagte, ein Deal sei theoretisch möglich, "in der Praxis kann ich mir das aber nicht vorstellen". Wie jeder Angeklagte könne auch Schreiber bei einem Geständnis mit Strafminderung rechnen. Diesem droht eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren.

Schreiber (l) fühlt sich vorverurteilt.

Schreiber (l) fühlt sich vorverurteilt.

(Foto: dpa)

Der Waffenlobbyist hatte sich vor zehn Jahren wegen der Ermittlungen gegen ihn nach Kanada abgesetzt. Im August 2009 wurde er nach Deutschland ausgeliefert. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.

Das letzte Wort hat vermutlich der BGH

Den ursprünglichen Vorwurf der Bestechung sieht das Gericht im Gegensatz zur Anklage als verjährt an. Auch aus Sicht des Bundesgerichtshofes (BGH) ist diese Position des Gerichts zweifelhaft. Der Augsburger Professor für Wirtschaftsstrafrecht, Thomas Rotsch, sagte der ARD: "Was einen schon erstaunt ist, dass das Landgericht Augsburg hier zu erkennen gibt, dass es offenbar geneigt ist, von einer langjährigen höchstrichterlichen Einschätzung des BGH abzuweichen." Im Falle einer Revision werde deshalb der BGH das letzte Wort haben.

FDP stellt Frage nach schwarzer CSU-Kasse

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Max Stadler erhofft sich vom Prozess neue Informationen über Lobbyisten-Kontakte in die deutsche Politik. Stadler sagte im RBB-Inforadio: "Es wird schon spannend." Das gelte insbesondere in Bezug auf die CSU. "Es gibt ja auch die Vermutung, dass Herr Schreiber eine schwarze Kasse für die CSU geführt hat, aus der er angeblich immer wieder Geld abgezweigt hat", fügte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerin hinzu.

Allerdings habe Schreiber in der Vergangenheit auch viel geredet, und nicht alles, was er gesagt hat, habe sich als zutreffend herausgestellt. Seine Aussagen seien daher mit Vorsicht zu bewerten, sagte Stadler. Der FDP-Politiker war Mitglied des Bundestags-Untersuchungsausschusses zur CDU-Spendenaffäre.

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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