Ein Dementi folgt dem anderen Schröder-Deal "Unsinn"
06.04.2008, 17:16 UhrDie Ausbildung libyscher Sicherheitskräfte durch deutsche Polizisten war nach einem Zeitungsbericht eine Gegenleistung für die Hilfe Libyens bei der Freilassung der auf den Philippinen als Geiseln genommenen Familie Wallert im Jahr 2000. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi hätten bei einem offiziellen Treffen 2004 über die Ausbildung der libyschen Sicherheitskräfte gesprochen, berichtet die "Bild am Sonntag".
"Diplomatische Kreise" in Berlin widersprachen der Meldung. "Eine solche Verabredung hat es nicht gegeben", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters ungenannte Quellen. "Diese Vermutung ist völliger Blödsinn." Schröder selbst ließ seinen Sprecher erklären, solche Darstellungen seien "offenkundig an den Haaren herbeigezogener Unsinn". Schröder habe einen Rechtsanwalt eingeschaltet, um die "falschen Behauptungen" richtigstellen zu lassen. Es habe "auch nie ein Geheimtreffen mit dem libyschen Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi gegeben".
Die "BamS" hatte sich auf "Geheimdienstkreise" berufen. Den Wunsch einer Ausbildung libyscher Sicherheitskräfte durch deutsche Polizisten habe es schon zu Zeiten der Geiselbefreiung auf der Insel Jolo gegeben, so das Blatt. Bereits bei einem heimlichen Treffen im Jahr 2003 in der ägyptischen Hauptstadt Kairo sollen Schröder und Gaddafi über eine Gegenleistung für die Hilfe bei der Wallert-Befreiung gesprochen haben. Dem Bericht zufolge sollen Angehörige der Botschaft in Tripolis zwischen 2005 und 2007 mehrfach "informell" von der Ausbildungsaktion erfahren haben.
BND dementiert auch
Zuvor hatte bereits der Bundesnachrichtendienst eine Verwicklung in den Skandal um das Training libyscher Sicherheitskräfte bestritten. "Der Bundesnachrichtendienst hat weder Ausbildungshilfe geleistet, noch war er beratend oder begleitend eingebunden", erklärte der BND am Samstag. Behauptungen, der Dienst sei zwischen 2005 und 2007 an der Ausbildung von Sicherheitskräften beteiligt gewesen, seien falsch.
Die "Berliner Zeitung" hatte unter Berufung auf Sicherheitskreise geschrieben, der BND sei offenbar von Beginn an in die Ausbildung einbezogen gewesen. Er habe die Kooperation "beratend begleitet". Der BND habe damals aber darauf bestanden, im Hintergrund zu bleiben und sich nicht mit eigenen Kräften zu beteiligen. Vermutlich habe Pullach einen Skandal wie 1995 vermeiden wollen, als bekannt wurde, dass sich der BND Ende der siebziger Jahre illegal an der Ausbildung von Offizieren und Soldaten in Libyen beteiligt habe.
Außenministerium dementiert ebenfalls
Nach einem Bericht des "Spiegel" war auch die deutsche Botschaft in Tripolis über das Trainingsprogramm informiert. Die deutschen Experten hätten in mehreren Gesprächen den Diplomaten detailliert über das Ausbildungsprogramm berichtet. Dies habe ein Teilnehmer ausgesagt.
Dazu erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes, Nachprüfungen hätten ergeben, "dass die deutsche Botschaft in Tripolis die Aktivitäten des in Rede stehenden privaten deutschen Sicherheitsunternehmens und seiner Mitarbeiter in keiner Weise unterstützt hat." Der Firmenleiter sei zwar in der Botschaft bekannt gewesen. "Sein Kontakt mit einem Angehörigen des Auswärtigen Amtes war jedoch nur flüchtiger Natur", erklärte der Sprecher. Bei einem zufälligen Treffen der beiden sei verschwiegen worden, "dass in die Arbeit des Unternehmens möglicherweise auch aktive Polizeibeamte oder Soldaten eingebunden waren".
Abgeordnete verlangen Aufklärung
Parlamentarier von Koalition und Opposition verlangten eine umgehende Aufklärung der Affäre und die Untersuchung einer möglichen Verwicklung von Geheimdiensten: Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sagte, das Parlamentarische Kontrollgremium werde sich in der nächsten Woche damit befassen. Die Grünen forderten von der Bundesregierung Auskunft darüber, wann und unter welchen Umständen Mitarbeiter der deutschen Polizei libysche Sicherheitskräfte ausgebildet hätten. Die Union verlangte ebenfalls eine parlamentarische Untersuchung.
Nach dem Bericht des "Spiegel" hat einer der beteiligten Polizisten, der sich für die mehrmonatige Schulung beurlauben ließ, offenbar ein Honorar von 50.000 Euro kassiert. Das Ausbildungsprogramm für 120 libysche Polizisten habe hauptsächlich in einer Kaserne in Tripolis stattgefunden. Trainiert wurde danach das taktische Vorgehen beim Zugriff in Gebäuden sowie das Entern von Schiffen und das Absetzen aus Hubschraubern. Zu den Ausbildern hätten ehemalige Angehörige der Spezialeinheit GSG 9 sowie ehemalige Bundeswehrsoldaten gehört.
Quelle: ntv.de