Kinkel: "Außenpolitscher Dilettant" Schröder bietet Inspekteure an
17.09.2002, 11:45 UhrDie Bundesrepublik Deutschland ist bereit, bei Bedarf wieder kurzfristig Experten für biologische und chemische Waffen sowie für Raketentechnik für eine UN-Mission im Irak zur Verfügung zu stellen. Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte, er werde den Vereinten Nationen die Hilfe deutscher Fachleute bei der Zusammenstellung eines UN-Inspektionsteams anbieten. Auch Laborkapazitäten könne Deutschland bereit stellen.
Regierung begrüßt Schreiben Iraks
Die Bundesregierung hatte das Angebot des Irak zu neuen UN-Waffeninspektionen ohne Vorbedingungen zuvor als einen "ersten Schritt in die richtige Richtung" bezeichnet. Es gehe nun darum, zu einer „politischen, nicht konfrontativen, sondern kooperativen Neuordnung im Nahen Osten zu kommen“, sagte Schröder.
Bundesaußenminister Joschka Fischer betonte bei einer Wahlkampfveranstaltung der Grünen in Hamburg: „Es besteht jetzt die Chance, wirklich das irakische Angebot ernst zu nehmen". Die UN-Waffeninspekteure müssten jetzt schnell ins Land, um zu überprüfen, ob das Angebot echt sei: „Wenn es ernst gemeint ist, dann ist es gelungen, einen Krieg zu verhindern." Fischer betonte, er habe dem irakischen Außenminister gesagt, „dass das Zeitfenster eng ist und dass für irgendwelche taktischen Spielchen, wenn er eine Tragödie verhindern will, kein Raum mehr ist." Saddam Hussein sei ein „blutiger Diktator", der keine Massenvernichtungswaffen besitzen dürfe, fügte Fischer hinzu.
Bundeskanzler Gerhard Schröder will auch nach dem Einlenken Bagdads kurzfristig nicht mit dem US-amerikanischen Präsidenten George W. Bush über die neueste Entwicklung im Irak-Konflikt sprechen. Er habe keine Probleme damit, auf allen Ebenen mit den USA zu reden. Ein konkretes Gespräch habe er jedoch nicht geplant.
Er kündigte stattdessen ein Telefonat mit UN-Generalsekretär Kofi Annan an, um über die mögliche Entsendung deutscher Experten für die Waffeninspektionsteams der Vereinten Nationen zu reden.
Stoiber: „Schröder gefährdet den Erfolg“
Stoiber kritisierte: „Die Entwicklung zeigt, dass Schröder mit seinem Alleingang und mit seinem Isolationskurs völlig daneben liegt." Schröder hatte erklärt, unter seiner Führung werde sich Deutschland in keiner Form an einer Intervention in Irak beteiligen. Der CSU-Chef erklärte, nur durch weiteren Druck der Völkergemeinschaft könne erreicht werden, dass Irak seine Ankündigungen auch einhalte. „Jedes Land, das hier ausschert und Druck wegnimmt, gefährdet den Erfolg. Die einzige Regierung - neben der Regierung des Irak -, die sich gegen den Druck der Weltgemeinschaft gestellt hat, ist die rot-grüne Bundesregierung."
Der Vorgänger von Bundesaußenminister Fischer Klaus Kinkel erklärte, das Einlenken Saddams zeige: „Wenn die internationale Staatengemeinschaft gegen Diktatoren und Völkerrechtsverletzer zusammenhält und über die UNO hinreichend Druck macht, kann das Schlimmste verhindert werden."
Schröder habe mit seiner Totalverweigerung und seinen „durchsichtigen Wahlkampfmanövern" falsch gelegen. Der Kanzler habe sich als „außenpolitischer Dilettant“ erwiesen, so Kinkel.
FDP-Chef Guido Westerwelle wertete es als „Zeichen der außenpolitischen Einflusslosigkeit" von Schröder und Fischer, dass der gegenwärtige Lösungsansatz „komplett an Deutschland vorbei auf den Weg gebracht" worden sei.
DIHK: "Diskussion ist völlig schief"
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warnte davor, zu große Hoffnungen auf Entspannung an die vom Irak bekundete Bereitschaft zu knüpfen, internationale Waffeninspektoren einreisen zu lassen. "Ich warne davor, zu glauben, dass das Irak-Problem schon beseitigt ist", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben in Berlin. Das Irak- und insgesamt das Sicherheitsproblem in der Welt mit seinen wirtschaftlichen Auswirkungen werde vermutlich noch länger eine dominierende Rolle spielen.
Mit Blick auf die Wahlkampfauseinandersetzung forderte Wansleben zu einem sachlichen Umgang mit dem Thema Irak auf. "Die Diskussion in Deutschland ist völlig schief", kritisierte er. Es gehe nicht an, was im Wahlkampf ansatzweise geschehe, dass das Thema "durch einseitige Aussagen faktisch tabuisiert" wird. Maßgebliche Wirtschaftsexperten in Regierungen und Forschungsinstituten betrachten die Entwicklung im Irak als das derzeit größte politische Risiko für die Weltkonjunktur.
Quelle: ntv.de