Politik

Kohls Nazi-Vergleich Schröder fordert Entschuldigung

Mit scharfer Kritik hat Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) auf die Vorwürfe von Alt-Kanzler Helmut Kohl (CDU) gegen Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) und den angeblichen Vergleich mit dem Nazi-Politiker Hermann Göring reagiert.

Schröder forderte Kohl bei einer Pressekonferenz in Berlin auf, sich bei Thierse zu entschuldigen. Er erwarte auch eine Klarstellung der CDU. Die nicht dementierten Göring-Äußerungen Kohls zu Thierse, seien ein "Dokument von Geschichts- und Verantwortungslosigkeit", sagte Schröder.

Ungeachtet seiner Verantwortung für die Folgen des Nazi-Regimes stehe Göring auch für die geheime Staatspolizei (Gestapo), die Konzentrationslager und das gewaltsame Ende des Parlaments in der Weimarer Republik. Thierse habe zu den Menschen gehört, die "die Mauer eingedrückt" hätten, sagte der Kanzler.

Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" soll Kohl über den Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse (SPD) in kleiner Runde gesagt haben: "Das ist der schlimmste Präsident seit Hermann Göring." Der Nationalsozialist Göring war in der Nazi-Zeit (1933 bis 1945) Reichstagspräsident.

Kohl greift Thierse an

Kohl (CDU) hat den ihm vorgeworfenen Vergleich auch am Dienstag ausdrücklich nicht dementiert. Stattdessen warf er Thierse in einer in Berlin verbreiteten schriftlichen Mitteilung vor, sein Amt parteiisch zu führen.

Es liege ihm fern, ein Mitglied einer demokratischen Partei Deutschlands mit einem Mitglied einer totalitären Partei zu vergleichen, sagte Kohl zu dem angeblichen Nazi-Vergleich. Allerdings sei Thierse der Bundestagspräsident, "der sein Amt am parteiischsten ausübt", fügte der ehemalige Bundeskanzler hinzu.

Kleine Rache?

Nach Ansicht des Verfassungsrechtlers und Parteienforschers Martin Morlok sind die Angriffe der Union gegen Thierse nicht gerechtfertigt. "Ich finde, Herr Thierse macht einen sehr guten Job", sagte Morlok den "Stuttgarter Nachrichten". Er habe vielmehr den Verdacht, Thierse habe sich durch seine Rolle bei derAufklärung der CDU-Spendenaffäre bei der Union unbeliebt gemacht. Dazu sei er jedoch von Amts wegen verpflichtet gewesen, meinte der Düsseldorfer Hochschullehrer.

"Belauscht und abgehört"

Den Spiegel-Redakteuren warf der Altbundeskanzler unsauberen Journalismus vor. Es sei ein "unerträglicher Zustand, dass private Gespräche im Bundestagsrestaurant von Journalisten belauscht beziehungsweise abgehört werden", sagte Kohl. Das habe "nichts mit seriösem Journalismus zu tun". Ein Sprecher des Hamburger Nachrichtenmagazins wies Kohls Vorwürfe zurück. "Hören ist nicht Abhören. Wenn der Ex-Kanzler sich in einem nicht-privaten Raum so lautstark äußert, muss er damit rechnen, dass auch andere es hören."

Quelle: ntv.de

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