BND-Skandal Schützt die Koalition ihre Minister?
06.05.2015, 19:51 Uhr
Von den Vorwürfen gegen ihn bleibe "nichts übrig", sagt Innenminister de Maizière.
(Foto: picture alliance / dpa)
In der BND-Affäre steht Aussage gegen Aussage. Innenminister de Maizière sieht sich entlastet. Die Opposition hält ihn weiterhin für verantwortlich. Zu einer öffentlichen Vernehmung wird es trotzdem so schnell nicht kommen. Die Koalition blockiert.
Er ist sich keiner Schuld bewusst. Thomas de Maizière sagt: Von den Vorwürfen gegen ihn bleibe "nichts übrig". Doch auch nach seinem Auftritt im geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) steht der frühere Kanzleramtschef im Mittelpunkt der BND-Affäre.
Die Darstellungen des CDU-Politikers stehen im krassen Widerspruch zu dem Eindruck, den die Opposition nach der Sitzung verbreitet. Der Grüne Hans-Christian Ströbele sagt: "Die Aufklärung des Falles de Maizière ist noch offen." Es steht Aussage gegen Aussage. Das ist in diesem Fall ein besonderes Problem, denn die geheime Arbeit des PKGr, ein Organ, das die Geheimdienste in Deutschland überwachen soll, ist naturgemäß für Außenstehende nicht nachvollziehbar. Die Opposition fordert deshalb: De Maizière und drei weitere verantwortliche Spitzenpolitiker sollen in dieser und der nächsten Woche vor dem öffentlich tagenden NSA-Untersuchungsausschuss aussagen. Doch dazu wird es wohl nicht kommen. Noch ist es nicht endgültig entschieden. Aber alles sieht danach aus, dass sich Union und Sozialdemokraten weigern werden.
Viele Fragen an de Maizière
Fragen an de Maizière und seine Kollegen gäbe es dabei zu Hauf. Hat sich das Bundeskanzleramt mangelnder Aufsicht schuldig gemacht, als der US-Geheimdienst NSA versuchte, mit Hilfe des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) in Europa zu spionieren? Hat es ernsthaft versucht, die Amerikaner beim Schnüffeln zu bremsen?
Grüne und Linke haben deshalb zwei Anträge gestellt. In einer Sondersitzung des Untersuchungsausschusses am Freitag sollen erstens de Maizière und der SPD-Politiker Frank-Walter Steinmeier aussagen, unter dessen Regie im Kanzleramt die Geheimdienstkooperation mit der NSA überhaupt erst anfing. Am Mittwoch nächster Woche sollen zweitens die CDU-Politiker Ronald Pofalla und Peter Altmaier folgen. Pofalla war ebenfalls Chef des Kanzleramtes, Altmaier ist es derzeit.
Der Grüne Ströbele sagt: Er wolle, dass schriftlich festgehalten werde, wie de Maizière sich rechtfertigt. Er wolle eine richtige Zeugenbefragung, in der de Maizière zur Wahrheit verpflichtet ist. Das gehe nur im Untersuchungsausschuss.
Opposition spricht von Trickserei
Doch auch mit ihren speziellen Minderheitenrechten in dem Gremium kann die Opposition de Maizière nicht sofort vorladen. Sie kann gegen den Widerstand von Union und SPD einen Zeugen berufen. Nur den Zeitpunkt der Befragung kann sie nicht bestimmen.
Zwar hat sich de Maizière genauso wie Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in höchster Instanz für die Geheimdienstarbeit verantwortlich zeichnet, bereiterklärt, vor dem Ausschuss auszusagen. Vertreter der Koalitions-Fraktionen im Ausschuss machten aber deutlich: Politisches Spitzenpersonal wollen sie erst zum Schluss befragen. "Ich halte nichts davon, oben anzufangen", sagt Unions-Obfrau Nina Warken. Ihr Kollege von der SPD, Christian Flisek sagt: Der Ausschuss werde mit Befragungen auf der untersten Ebene beginnen und sich bis zur Führungsebene hocharbeiten.
Beide begründen dieses Vorgehen damit, dass man zunächst die technischen Abläufe verstehen und so viel Informationen sammeln wolle wie möglich, um am Ende die richtigen Fragen stellen zu können.
Die Opposition findet das paradox. Minister und Kanzlerin wollen sich schnell der Öffentlichkeit stellen, ihre Fraktionen stemmen sich dagegen? Unter Grünen und Linken ist von Trickserei die Rede, die am Ende das politische Spitzenpersonal schonen soll. Für ihre Deutung spricht: Der Ausschuss darf Zeugen mehrmals befragen. Er könnte de Maizière ohne weiteres in dieser Woche und am Ende des Aufklärungsprozesses vernehmen.
Quelle: ntv.de