Dutzende Verletzte in Afghanistan Schulen mit Gas angegriffen
25.04.2010, 20:47 Uhr
Afghanische Mädchen in einer Kabuler Schule.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Bei erneuten Gasangriffen auf Mädchenschulen werden im Norden Afghanistans etwa 61 Schülerinnen und Lehrer verletzt. Die Opfer leiden unter Schmerzen, Schwindel und Übelkeit. Viele Mädchen befürchten nun, aufgrund der Gefahr nicht mehr zur Schule gehen zu dürfen.
Im Einsatzgebiet der Bundeswehr in Afghanistan sind offenbar erneut Giftgasanschläge auf Mädchenschulen verübt worden. Rund 61 Schülerinnen und mehrere Lehrer erkrankten am Wochenende nach Angriffen auf zwei Schulen in Kundus im Norden des Landes. Viele von ihnen brachen zusammen, nachdem sie einen Gasgeruch wahrgenommen hatten. Der Direktor des örtlichen Krankenhauses sagte, zahlreiche Mädchen litten noch immer unter Schmerzen, Schwindel und Übelkeit.
Die Regierung machte Aufständische für die Angriffe verantwortlich. Ein Sprecher der radikal-islamischen Taliban wies eine Verwicklung in die Anschläge zurück und erklärte, möglicherweise steckten andere regierungsfeindliche Gruppierungen hinter den Angriffen.
Vier bis fünf Jahre bis zur Selbstständigkeit
Nach Einschätzung des Verteidigungsministeriums braucht Afghanistan noch mindestens vier Jahre, um in Eigenregie für Sicherheit sorgen zu können. "Um diesen Prozess abzuschließen oder insgesamt die Verantwortung für die Sicherheit zu übernehmen wird es vier bis fünf Jahre dauern", erklärte der Sprecher des Ministeriums. Damit reagierte er auf die jüngsten Beschlüsse der NATO-Außenminister. Sie hatten sich am Freitag bei einem Treffen in Estland darauf verständigt, bereits im kommenden Jahr in einigen Provinzen die Verantwortung schrittweise zu übergeben.
Eine vollständige Übergabe hänge nicht von einem Zeitplan, sondern von Fortschritten bei der Stabilisierung des Landes ab, erklärte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. US-Präsident Barack Obama will die amerikanischen Soldaten ab Mitte 2011 nach Hause holen. Derzeit sind afghanische Soldaten und Polizisten nur in der Hauptstadt Kabul umfassend für die Sicherheit der Bürger zuständig.
"Meine Eltern sind sehr besorgt"
Die Gasanschläge schürten unter Mädchen die Sorge, ihre Eltern würden sie wegen der drohenden Anschlagsgefahren nicht mehr zum Unterricht gehen lassen. "Meine Eltern sind sehr besorgt", sagte die zwölfjährige Sumaila, die bei einem der Anschläge verletzt wurde. "Mein Vater hat gesagt, ich hätte eine Menge gelernt. Ich weiß nicht, ob er mich nach dem, was sich ereignet hat, weiter in die Schulde gehen lässt." Sumaila saß im Unterricht, "als es plötzlich nach Blumen roch". "Ich sah meine Mitschülerinnen und meinen Lehrer zusammenbrechen und als ich die Augen öffnete, war ich im Krankenhaus." In der Woche zuvor hatte es bereits einen Gasanschlag auf eine weitere Schule in Kundus gegeben, bei dem 20 Mädchen erkrankten.
In den vergangenen Jahren hat es eine Reihe von ähnlichen Anschlägen gegeben. Während der Taliban-Herrschaft von 1996 bis 2001 war es afghanischen Mädchen verboten, eine Schule zu besuchen. In den Taliban-Hochburgen im Süden und Osten des Landes sind viele Schulen weiterhin geschlossen, Lehrer wurden bedroht und mehrere Mädchen mit Säure verätzt.
Quelle: ntv.de, rts