Anti-Terror-Gesetze und Vorratsdaten Schwarz-Gelb ringt um Linie
08.05.2011, 23:24 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Was ist notwendig, was nicht? Wie so oft ringt die schwarz-gelbe Bundesregierung auch bei den Anti-Terror-Gesetzen um eine gemeinsame Linie. Innerhalb der Union mehren sich die Stimmen für eine Verlängerung der Gesetze, ob befristet oder nicht. Auch die Vorratsdatenspeicherung gehört offenbar dazu. Doch die FDP wehrt sich.
Zur Verhinderung von Anschlägen in Deutschland hält Bundeskanzlerin Angela Merkel die Anti-Terror-Gesetze und die Vorratsdatenspeicherung für unverzichtbar. "Einen großen Teil der Vorschriften brauchen wir auch in Zukunft, um terroristische Anschläge in Deutschland verhindern zu können", sagte die CDU-Vorsitzende der "Passauer Neuen Presse". Vom Koalitionspartner FDP kommen allerdings weiter Vorbehalte gegen eine pauschale Verlängerung.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger fordert eine sorgfältige Überprüfung der Sicherheitsgesetze. Diese seien unter dem Schock des 11. September 2001 entstanden, sagte die FDP-Politikerin der "FAZ". "Jetzt haben wir den Auftrag, genau zu überprüfen, welche Befugnisse weiterhin notwendig und angemessen sind." Bei den einzelnen Maßnahmen müsse sehr sorgfältig abgewogen werden, ob der Eingriff in Grundrechte wirklich erforderlich und verhältnismäßig sei.
Merkel kompromissbereit
Anfang 2012 laufen die Gesetze aus, mit denen Geheimdienste Auskünfte von Banken, Fluggesellschaften, Postdienstleistern und Telekommunikationsfirmen zur Terrorbekämpfung verlangen können. Noch vor der Sommerpause soll über eine Verlängerung entschieden werden. CDU-Chefin Merkel zeigte sich im Streit mit der FDP aber kompromissbereit: Es sei "selbstverständlich denkbar, dass wir die Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze erneut befristen".
Auch Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) bekräftigte seine Kompromissbereitschaft. "Wir werden jedes einzelne Gesetz überprüfen auf seine Sinnhaftigkeit (...) und Ausgestaltung", sagte er. "Wir werden aber kein Gesetz auslaufen lassen, das wir brauchen um die Bevölkerung zu schützen." Voraussetzung für die kritisierten Abfragemöglichkeiten der Geheimdienste sei immer ein konkreter Terrorverdacht.
Sachsen-Anhalts neuer Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) sagte: "Entscheidend ist, dass verlängert wird. Ob man das befristet oder unbefristet macht, ist aus meiner Sicht nachgelagert." Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) erklärte zu den Sicherheitsgesetzen: "Wir brauchen sie zum jetzigen Zeitpunkt dringender denn je."
BKA-Chef will Vorratsdatenspeicherung

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, widerspenstig.
(Foto: picture alliance / dpa)
Merkel setzt sich ebenso wie BKA-Präsident Jörg Ziercke auch für die Vorratsdatenspeicherung ein. "Auf das Instrument der Vorratsdatenspeicherung können wir im Zuge der Terror- und Verbrechensbekämpfung nicht verzichten", sagte Merkel der Zeitung. Ziercke sagte der "Welt am Sonntag". "Alle Experten sind sich einig: Wir brauchen die Frist zur Mindestspeicherung." Er verstehe nicht, warum die Politik trotz klarer Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht tätig werde. Allerdings steht diese Einschätzung einer Untersuchung von Forschern entgegen: Einer europaweiten Analyse des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zufolge tragen verdachtsunabhängige Protokolle nicht zur Aufklärung von Verbrechen bei.
Grüne und Linke lehnen die Vorratsdatenspeicherung als massiven Eingriff in die Privatsphäre aller Bürger ab. Die Karlsruher Richter hatten die langfristige Speicherung von Verbindungsdaten im März 2010 für verfassungswidrig erklärt. Unter anderen hatte sich auch Leutheusser-Schnarrenberger erfreut über das Urteil gezeigt. Die FDP-Politikerin sprach von einem "herausragend guten Tag" für die Grundrechte und den Datenschutz.
Zoll soll helfen
Die FDP will nach Informationen des Magazins "Focus" den Zoll in den Anti-Terrorkampf einbinden. Dem Zoll solle es künftig möglich sein, bei Einfuhrkontrollen gesammelte Daten nach zu durchsuchen und Ergebnisse den zuständigen Behörde mitzuteilen. Das fordere ein Antrag, den mehrere Spitzenliberale beim FDP-Bundesparteitag in Rostock stellen würden, darunter auch von Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger.
Quelle: ntv.de, rpe/dpa