Politik

Eine Woche vor Kopenhagen Schwarzer Peter ums Klima

Der Streit um Zusagen zur Verringerung von Treibhausgasen geht weiter. Neben den USA müsse vor allem China Führerschaft und Verantwortung zeigen, sagt der amtierende EU-Ratspräsident Reinfeldt. Chinas Premier Wen spricht indes von einer "gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung" - im Klimaschutz müsse die EU führend sein.

Die Europäische Union forderte China, die USA, Japan und andere Länder eindringlich auf, größere Anstrengungen zur Verringerung der Treibhausgase zu unternehmen. Die Zusagen für den Klimagipfel in einer Woche in Kopenhagen seien nicht ausreichend, warnte der EU-Ratspräsident, Schwedens Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt, auf dem EU-China-Gipfel mit Regierungschef Wen Jiabao in der ostchinesischen Stadt Nanjing.

Jeder aus seiner Perspektive: Reinfeldt, Wen und Barroso in Nanjing.

Jeder aus seiner Perspektive: Reinfeldt, Wen und Barroso in Nanjing.

(Foto: REUTERS)

"Was an globalen Bemühungen auf den Tisch gelegt worden ist, ist nicht genug", sagte Reinfeldt mit Blick auf das Ziel, die Erderwärmung unter zwei Grad halten zu müssen. "Es muss mehr getan werden." EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso rief alle Teilnehmerstaaten der Konferenz auf, ein ambitioniertes und realisierbares Abkommen anzustreben, um die Erderwärmung zu begrenzen.

Chinesische Zusagen begrüßt

Die USA hätten eine historische Verantwortung wegen der bereits angesammelten Treibhausgase und außerdem einen hohen Ausstoß an Kohlendioxid pro Kopf, hob Reinfeldt hervor. Aber auch China - heute der größte Treibhausgasproduzent weltweit - müsse vorangehen. "Wir können das Problem des Klimawandels für die Menschheit nicht lösen, wenn China nicht Führerschaft zeigt und Verantwortung übernimmt." Reinfeldt begrüßte gleichwohl die Zusagen Chinas, den Ausstoß von Kohlendioxid für jeden erwirtschafteten Yuan bis 2020 um 40 bis 45 Prozent zu reduzieren, als wichtigen Schritt für Kopenhagen.

In der dänischen Hauptstadt sollen die Grundlagen für ein Nachfolgeabkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Klimaprotokoll erarbeitet werden. Experten waren allerdings, dass sich mit den bisher zugesagten Reduktionen des Treibhausgas-Ausstoßes eine wirksame Begrenzung des Temperaturanstiegs auf der Erde nicht erreichen lasse.

UNEP-Chef optimistisch

Der Chef des UN-Umweltprogramms (UNEP), Achim Steiner, hat sich unterdessen optimistisch über den Ausgang des Weltklimagipfels in Kopenhagen geäußert. Ein "handfestes Abkommen" sei durchaus in Sicht, sagte Steiner der "Frankfurter Rundschau". Es kämen "immer mehr positive Signale" von den teilnehmenden Ländern. Steiner lobte die USA und China. "Die beiden Länder stehen für 40 Prozent des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes. Ihre Bereitschaft, mit konkreten Angeboten in die Verhandlungen einzutreten, ist Voraussetzung für einen Erfolg in Kopenhagen."

Der UNEP-Chef wies Kritik an den US-Zielen zur CO2-Reduktion zurück, die den Treibhausgas-Ausstoß bis 2020 nur um wenige Prozent gegenüber dem Kyoto-Basisjahr 1990 absenken würden. "US-Präsident Obama ist mit seinen Zielen mutig. Denn er hat sie vorgelegt, obwohl es in den USA innenpolitisch heftige Widerstände gibt", unterstrich Steiner. Die Regierung von Barack Obama plant eine CO2-Minderung um 17 Prozent, allerdings gemessen am Stand von 2005. Damals lagen die US-Emissionen bereits um rund 15 Prozent höher als 1990.

Differenzen auf EU-China-Gipfel

Der Klimawandel, die europäische Forderung nach einer Aufwertung der chinesischen Währung und die Handelsspannungen standen im Mittelpunkt des 12. EU-China-Gipfels, zu dem auch Kommissionspräsident José Manuel Barroso und die Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner nach Nanjing gereist waren. Beide Seiten beschrieben die Gespräche als "freimütig" und konnten ihre Differenzen kaum verhehlen. Chinas Ministerpräsident warnte vor Protektionismus in der Weltwirtschaftskrise. Die EU solle ihre Beschränkungen für Hochtechnologie-Exporte nach China lockern.

In deutlichen Worten beharrte Wen Jiabao darauf, den Yuan stabil zu halten, was entscheidend für die wirtschaftliche Stabilität Chinas sei. Eine Aufwertung würde seine Entwicklung begrenzen, sagte Wen Jiabao offenbar mit Blick auf die chinesische Exportindustrie, die durch den Rückgang der Ausfuhren in der Krise schwer getroffen ist. Aus europäischer Sicht ist der Yuan unterbewertet, was Chinas Exporte verbilligt und die EU-Ausfuhren nach China verteuert. Seit Mitte 2008 ist der Yuan praktisch an den US-Dollar gebunden.

"Gemeinsame, aber unterschiedliche Verantwortung"

China ist der größte Produzent von Treibhausgasen.

China ist der größte Produzent von Treibhausgasen.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Bei einer "Pressebegegnung", auf der trotz des Drucks der Europäer keine Fragen der Journalisten zugelassen wurden, sagte Chinas Regierungschef Wen Jiabao, beim Klimaschutz müsse der Grundsatz der "gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung" gelten. Es dürfe nicht vergessen werden, dass China noch immer ein Entwicklungsland sei. Er hoffe, dass die EU im Klimaschutz eine führende Rolle übernehme, und wolle die Kooperation mit den Europäern ausbauen. Wen sagte weiter, die chinesischen Reduktionsziele seien bereits ein "bedeutender Beitrag" zu den weltweiten Anstrengungen. Der Gipfel in Kopenhagen habe für China "große Wichtigkeit".

Beide Seiten unterzeichneten fünf Vereinbarungen über die Zusammenarbeit im Umweltschutz, Handel, in der Industrie und im Baubereich. Auch wurde das Abkommen über die Kooperation in Wissenschaft und Technologie verlängert. Vereinbart wurde ferner eine Durchführbarkeitsstudie für die zweite Phase des nach 2012 geplanten Baus eines Kohlekraftwerks in China, das dank europäischer Technologie kaum Kohlendioxid ausstößt.

In einer gemeinsamen Erklärung forderten beide Seiten die finanzielle und technische Unterstützung für die Entwicklungsländer auf dem Klimagipfel in Kopenhagen deutlich zu erhöhen. Es werde ein "gerechtes und ambitioniertes" Ergebnis angestrebt.

Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP/rts

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