Er fordert und attackiert "Seehofer tut nichts"
03.09.2007, 09:25 UhrIm jüngsten Ekelfleisch-Skandal hat Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) eine harte Bestrafung der Schuldigen gefordert. Die Justiz müsse "mit diesen raffgierigen Rechtsbrechern unnachsichtig" umgehen, sagte Seehofer in einem niederbayerischen Bierzelt.
Er fügte jedoch hinzu, die bestehenden Gesetze seien ausreichend, sie ermöglichten für die Täter mehrjährige Haftstrafen. Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) hatte zuvor gesagt, die Strafen, die das Lebensmittelrecht bislang vorsehe, seien bei weitem nicht hoch genug. Das Lebensmittelrecht sehe bislang die Höchststrafe von fünf Jahren Haft nur bei besonders schweren Verstößen vor.
Seehofer attackierte auch die bayerischen Behörden. "Einfach zu sagen, wir haben keine Unterlagen gefunden, ist für mich nicht ausreichend", sagte er beim Volksfest Gillamoos im niederbayerischen Abensberg. "Es reicht nicht, nur zu kontrollieren, wie sieht das Fleisch optisch aus, und wie sind die Laborbefunde. Ich muss mir auch die Bücher anschauen." Den Schwarzen Peter schob Seehofer ab: Zuständig seien Länder und Kommunen.
"Tatenlosigkeit ist unerträglich"
Die Opposition griff den Verbraucherschutzminister scharf an. "Die Tatenlosigkeit von Agrarminister Seehofer ist unerträglich", sagte Seehofers Amtsvorgängerin und jetzige Fraktionschefin der Grünen, Renate Künast. Im innerparteilichen Wahlkampf um den CSU-Parteivorsitz vernachlässige Seehofer seine Arbeit und den Schutz der Verbraucher, sagte sie der "Passauer Neuen Presse".
"Verbraucherminister Seehofer hat seinen Job nicht gemacht", sagte auch FDP-Verbraucher-Experte Hans-Michael Goldmann. "Seine Programme und Ankündigungen haben nicht zu mehr Verbrauchersicherheit geführt." Die große Koalition hätte die Mehrheit, um in Bundestag und Bundesrat mehr Schutz für die Verbraucher durchzusetzen, aber seit den Gammelfleisch-Skandalen der vergangenen Jahre sei nichts geschehen.
Weitere Verdächtige im Visier
Unterdessen nahm die Staatsanwaltschaft Memmingen weitere Verdächtige ins Visier. "Wir gehen allen Hinweisen aus den Unterlagen nach", sagte Oberstaatsanwalt Johann Kreuzpointner. Nähere Angaben wollte er nicht machen, um verdächtige Personen nicht zu warnen. Hinweise, wonach die zunächst nach Bayern gelieferte Ware laut Lieferschein nach Belgien gehen sollte, würden geprüft. Ob die manipulierten Fleischtransporte internationale Dimension haben, könne derzeit nicht belegt werden, sagte Kreuzpointner.
Auch über die anschließend von Bayern nach Berlin gelieferte Menge umetikettierter Fleischabfälle seien bis jetzt nur Schätzungen möglich. Sie bewegen sich zwischen 140 und 180 Tonnen, "vernünftige Zahlen sind bis jetzt noch nicht zu nennen", sagte der Staatsanwalt. Mit dieser Menge zählt der Gammelfleischskandal allerdings zu den größten Fällen von Fleischmanipulation in Deutschland.
Zu abweichenden Mengenangaben aus Berlin meinte Kreuzpointner, auch dort müssten die Buchführungen noch gesichtet und ausgewertet werden. "Wir gehen der Frage nach, welche strafbaren Lieferungen erfolgt sind und werten dazu die beschlagnahmten Unterlagen aus." Bislang gebe es noch wenig harte Fakten. Ein Sprecher des bayerischen Verbraucherschutzministeriums sagte, eine Spezialeinheit unterstütze die Staatsanwaltschaft bei der Aufdeckung der "Fleischwäscherei".
Quelle: ntv.de