Neue Väter für zwei Monate Sehr leise Revolution
11.06.2008, 11:24 UhrImmer mehr Väter nehmen Elternzeit - doch noch immer sind Väter, die aus dem Job aussteigen, um sich um die Kinder zu kümmern, äußerst selten. Nachdem das Statistische Bundesamt mitteilte, dass fast jeder fünfte Antrag auf Elterngeld im ersten Quartal 2008 von einem Mann gestellt wurde, feierte Familienministerin Ursula von der Leyen die "neuen Väter".
"Wir sind gerade Zeuge einer leisen Revolution", sagte die CDU-Politikerin in Berlin. Auf die neuen Väter sei Verlass. "Sie setzen Prioritäten und zeigen ganz deutlich: Zeit mit meinem Kind ist mir von Anfang an wichtig."
Seit der Einführung des Elterngeldes Anfang 2007 habe sich die Zahl der Männer, die sich eine Auszeit für ihre Kinder nehmen, mehr als verfünffacht. "Wenn diese Dynamik weiter anhält, können wir schon in diesem Jahr die 20-Prozent-Grenze knacken."
Es geht ums Geld
Schaut man sich die Zahlen genauer an, relativiert sich der Erfolg schnell. Nur jeder zehnte erwerbstätige Vater, der Elterngeld bezieht, geht für ein ganzes Jahr in die Babypause. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts für das vergangene Jahr und das erste Quartal dieses Jahres nutzten lediglich 6884 Männer die gesamte Elternzeit von zwölf Monaten.
44.758 erwerbstätige Väter mit Elterngeld blieben ganze zwei Monate zu Hause - das ist die Mindestdauer, die das zweite Elternteil an Elternzeit nehmen muss, wenn beide in den Genuss von 14 statt 12 Monaten Elterngeld kommen wollen. Von den berufstätigen Müttern blieben hingegen 85 Prozent 12 Monate zu Hause.
Insgesamt wurden knapp 720.000 Elterngeld-Anträge für 2007 geborene Kinder bewilligt. Auch die Anträge von 87.400 Vätern wurden genehmigt, was einem Männer-Anteil von 12,1 Prozent entspricht. In Ostdeutschland übertrifft der Wert mit 12,6 Prozent den in Westdeutschland (11,9 Prozent).
Der statistische Effekt
Da viele Väter ihre Babypause erst am Ende der 14 Elternzeit-Monate einlegen, stieg ihr Anteil im ersten Quartal dieses Jahres auf 18,5 Prozent an. In einigen Bundesländern waren es sogar schon über 20 Prozent: In Mecklenburg-Vorpommern hätten von Januar bis März 2008 24,3 Prozent der Väter Elterngeld beantragt, dicht gefolgt von den Bayern (23,1 Prozent), Thüringern (22,9 Prozent) und Brandenburgern (22,5 Prozent), erklärte von der Leyen.
Ausdrücklich lobte von der Leyen das Konzept der beiden nicht übertragbaren Vätermonate. Damit könnten sich immer mehr Männer bei ihren Arbeitgebern durchsetzen, sagte die Ministerin. "Es kann nicht mehr das Argument gelten, 'das kann Ihre Frau ja machen'." Von der Leyen bekräftigte ihren Plan, die Vätermonate in der nächsten Legislaturperiode auszuweiten. Sie ließ allerdings weiter offen, ob sie die Elternzeit insgesamt verlängern will oder die Mindestzahl der Vätermonate.
Grüne fordern vier Vätermonate
Die familienpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Ekin Deligöz, schlug vor, den Bezugszeitraum des Eltergeldes zu lassen wie er ist, aber statt zwei Vätermonaten als Voraussetzung für den Bezug von 14 statt zwölf Monaten Elterngeld zum Beispiel drei oder vier Vätermonate anzusetzen.
Die Linke warf von der Leyen vor, "eine Familienpolitik für Besserverdienende auf Kosten der Armen" zu betreiben. Arbeitslose und Geringverdiener hätten sich im Vergleich zum früheren Erziehungsgeld verschlechtert, beklagte der familienpolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Jörn Wunderlich. Er forderte, Vätern und Müttern jeweils einen Anspruch auf zwölf Monate Elterngeld zu gewähren und das Mindestelterngeld auf 450 Euro anzuheben.
Quelle: ntv.de