Nordkoreas Drohungen wirken Seoul verhindert Protestaktion
22.10.2012, 13:46 Uhr
Pjöngjang hatte zuvor eine unerwartet scharfe Warnung ausgesprochen.
(Foto: REUTERS)
Offenbar zeigen die Drohungen aus Pjöngjang Wirkung: An der Grenze wollen südkoreanische Aktivisten Tausende Flugblätter an Ballons in den Norden schicken. Die Menschen im Nachbarland sollen "die Wahrheit" erfahren. Doch dazu kommt es nicht. Polizisten verhindern die Aktion. Die "Kämpfer für ein freies Nordkorea" sind sauer.
Südkoreanische Polizisten und Soldaten haben eine Gruppe von Aktivisten an einer Flugblattaktion gegen Nordkorea gehindert. Dutzende Aktivisten der Organisation "Kämpfer für ein freies Nordkorea" wollten nahe der Grenzstadt Paju von einem Park aus rund 200.000 Flugblätter an Ballons über die Grenze schicken. Doch die Einsatzkräfte riegelten die Startstelle "aus Sicherheitsgründen" weiträumig ab.
Der Leiter der Aktivistengruppe, Park Sang Hak, bezeichnete das Vorgehen der Sicherheitskräfte als "lächerlich". Schließlich habe die Regierung die Aktion zuvor genehmigt. Er warf dem südkoreanischen Präsidenten Lee Myung Bak vor, vor nordkoreanischen Drohungen kapituliert zu haben. Er werde als "feiger" Staatschef in Erinnerung bleiben.
Zugleich versicherte Park die friedliche Absicht der Gruppe: "Wir sind nicht hier, um einen Konflikt zu provozieren, sondern den Nordkoreanern die Wahrheit zu überbringen." Trotz der Abriegelung kletterte der nordkoreanische Aktivist auf ein Auto und warf einige Flugblätter in die Luft.
Arabischer Frühling sollte Mut machen
Nordkorea hatte zuvor offen mit militärischer "Vergeltung" ohne Vorwarnung gedroht, sollten die Aktivisten ihre Ankündigung von der Flugblattaktion wahrmachen. Das Gebiet um die Startstelle werde das Ziel direkter Angriffe sein, deshalb sollten die dort lebenden Menschen vorsichtshalber in Sicherheit gebracht werden, warnte Pjöngjang in ungewohnt scharfer Wortwahl.
Gegner der nordkoreanischen Regierung in Südkorea, vor allem Überläufer aus dem Norden, schicken immer wieder Flugblätter über die Grenze, in denen sie das autoritäre System anprangern und zum Sturz des Machthabers Kim Jong Un aufrufen. Die Blätter klären die Menschen auch über Protestaktionen in aller Welt auf, etwa die Umwälzungen durch den Arabischen Frühling.
Nordkorea droht regelmäßig mit Vergeltungsschlägen, doch diesmal war die Reaktion ungewöhnlich hart. Südkorea versetzte Truppen in Alarmbereitschaft und entsandte zusätzliche Artillerie- und Panzereinheiten an die Grenze, wie die Nachrichtenagentur Yonhap meldete. Das südkoreanische Vereinigungsministerium rief sowohl Pjöngjang als auch die Aktivisten zur Zurückhaltung auf. Der Norden müsse seine Drohungen einstellen und die Aktivisten müssten ihre Protestaktionen unterlassen.
Lieber keinen Streit anfangen
Yang Moo Jin von der Universität für Nordkoreanische Studien sagte zu der Verhinderung der Flugblattaktion, derzeit sei für Seoul die Stabilität im Land das "oberste Ziel". Die Regierung wolle vor allem im Vorfeld der Präsidentschaftswahl im Dezember keinen Streit mit dem Norden provozieren, sagte er zur Begründung.
Nordkorea und Südkorea befinden sich seit Ende des Koreakriegs 1953 formal immer noch im Kriegszustand. Die Spannungen zwischen beiden Ländern sind enorm. Südkorea kündigte für Mittwoch ein großangelegtes Militärmanöver an. An der einwöchigen Übung unter Beteiligung von US-Truppen sollen 240.000 Soldaten aller Waffengattungen beteiligt sein. Die USA haben 28.500 Soldaten im Süden stationiert.
Quelle: ntv.de, AFP